Donnerstag, 2. Juni 2016

{Rezension} Tausend Nächte aus Sand und Feuer ~ Emily Kate Johnston




Titel: Tausend Nächte aus Sand und Feuer
Autor: Emily Kate Johnston
Verlag: cbt
Genre: Jugendbuch
Format: Hardcover
Seitenzahl: 368
Reihe: 1/?





Lo-Melkhinn hat schon dreihundert Mädchen auf dem Gewissen, bevor er in ihr Dorf kommt, um sich eine neue Braut zu suchen. Als sie die Staubwolke am Horizont sieht, weiß sie, dass er das hübscheste Mädchen im Dorf mitnehmen wird: ihre Schwester. Aber das wird sie nicht zulassen. Stattdessen kehrt sie selbst mit dem geheimnisvollen Wüstenherrscher in seinen Palast zurück. Der Tod scheint ihr sicher, doch am nächsten Morgen ist sie immer noch am Leben. Von nun an erzählt sie Lo-Melkhinn jede Nacht eine neue Geschichte und jeden Morgen erwacht sie mit einem magischen Funken in sich, der von Tag zu Tag mächtiger wird...


Nachdem mich dieses Jahr bereits eine Adaption von 1001 Nacht verzaubern konnte (gibt aber dieses Jahr auch echt viele!), musste ich diese unbedingt lesen... Vielen Dank also an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar ♥


Ufff, diese Rezension schiebe ich schon eine Weile vor mir her. Was vor allem daran liegt, dass ich ewig nicht wusste, wie und ob ich dieses Buch bewerte. Aber dazu jetzt mehr.

Was dieses Buch auf jeden Fall auszeichnet, ist ein technisch perfekter Schreibstil, der so poetisch, anmutig und bezaubernd ist und damit genau zum Setting passt, ohne zu hochtrabend oder unverständlich zu sein. Während des Lesens haben mich ja die fehlenden Namen (Yep! Eigentlich hat niemand einen Namen, sondern ist eben die Mutter der Mutter) ziemlich irritiert, wenn nicht sogar gestört. Im Nachhinein würde ich aber sagen, dass das das Buch nicht nur Einzigartig macht, sondern diese mysteriöse Atmosphäre aufrecht erhält.

»Bist du denn gar nicht neugierig?«, fragte er. »Willst du nicht wissen, woraus die Welt besteht?« »Ich bin es und ich will es«, antwortete ich ihm. »Aber ich ziehe es vor, geduldig alles zu seiner Zeit zu erlernen, statt Wissen zu erzwingen und dafür Zerstörung in Kauf zu nehmen.«

Es klingt schon nach einem ABER und das kommt auch jetzt: So perfekt das Buch technisch auch war, konnte es mich nicht berühren, nicht verzaubern, nicht mitreißen. Da war eine Distanz zu Handlung und Personen. Zwar habe ich mit unserer namenlosen Protagonistin gefiebert, sie für ihren Mut, ihre Stärke und ihr großes Herz bewundert, aber mehr irgendwie auch nicht. Ein bisschen lag das aber auch an meinen falschen Erwartungen. Ich hatte nämlich wieder eine romantisch- zauberhafte Geschichte erwartet und keinen so harten Kampf gegen, um und mit der Männerwelt. Die Protagonistin gelingt ein Spagat zwischen gesellschaftlicher Unterordnung und gleichzeitig Aufbegehren für Selbstbestimmung. Auch hier wieder, technisch perfekt, denn eine Umwälzung etablierter Normen wäre unrealistisch gewesen, aber ein bloßes Akzeptieren bzw. Nichtberühren hätte der Protagonistin ihre Stärke genommen. Und trotzdem, mein Herz berühren konnte ihr Kampf nicht. Leider.

»Ich fürchte ihn«, sagte ich, was der Wahrheit sehr nahe kam. »Ich fürchte ihn, wie man die Wüstensonne oder giftige Schlangen fürchtet. Sie gehören zu meinem Leben. Aber die Sonne spendet Licht, und selbst Giftschlangen können der Karawane als Nahrung dienen, wenn sie gefangen und über dem Feuer zubereitet werden.«

Ausgezeichnet hat das Buch auch der magische Anteil, der ja zur islamischen Welt irgendwie dazugehört. Hier aber spielte er eine viel größere Rolle, vermischt sich mit Spirituellem und der Wissenschaft. Nach und nach wird einem die Kraft bewusst, die in der Protagonistin und Lo- Melkhiin schlummert. Gegen Ende nimmt der Fantasyanteil fast schon überhand und bleibt doch nebensächlich. Denn es geht vielmehr um das Was der Kraft und nicht das Wie. Passend zu der unglaublich mysteriösen und geheimnisvollen Welt gibt es keine Regeln, keine Grenzen und keine Geschichte dieser Magie. Sie existiert oder wird ins Leben gerufen. Muss man mögen, aber wenn man sich darauf einlassen kann und nicht zu verbissen darauf wartet, warum alles so ist wie es ist und sich auch nicht zu sehr den Kopf darüber zerbricht, wie das alle möglich sein kann, der wird fasziniert sein von den unendlichen Möglichkeiten.

»Es war, als wäre eine große dunkle Schale über uns gestülpt worden, die zahllose Lichter in sich einschloss, sodass nur wir sie sehen konnten. Für mich war das wahre Schönheit, eine Schönheit, die alles andere übertraf – egal, ob kostbare Gewänder, feinste Stickereien oder köstliche Speisen, die auf kunstvollem Geschirr dargeboten wurden. Es war etwas, das Lo-Melkhiin weder kaufen noch nachahmen, noch stehlen konnte.«

Ihr seht, wie schwierig das Buch für mich war und ist. Einerseits liebe ich den Schreibstil, bin begeistert vom Plot und überwältigt vom Setting, und andererseits war ich nach dem Lesen auch ernüchtert, dass der Funke einfach nicht übergesprungen ist. Und vor allem weiß ich ja noch nicht mal, warum. Denn eigentlich hat das Buch alles, was es braucht und ich liebe. Gut ja, die Romantik hat gefehlt und für ein 1001 Nacht-Feeling wäre sie schön gewesen, aber daran allein kann es doch nicht gelegen haben...?!


... noch ein paar Worte zu Gestaltung und Titel:
[4/5] Das Cover finde ich wirklich sehr schön und auch die Gestaltung jedes Kapitelbeginns mit geschwungenem Buchstabe und Schnörkel sagt mir sehr zu. Schade nur, dass die lilagekleidete Frau vom Originalcover nicht übernommen wurde... Den Titel finde ich im Nachhinein sehr passend, da die Liebe zur Wüste (und damit wohl die einzige Form von Liebe in diesem Buch) verdeutlicht wird und gleichzeitig der Magie/Gefahr- Aspekt nicht zu kurz kommt.



Dieses Buch ist etwas ganz besonderes, etwas neues und etwas ungewöhnliches. Man muss sich auf diese Welt voller Farben, Düfte und Magie einlassen können, alle Barrieren fallen lassen und sich verzaubern lassen. Am besten ist es wohl, nichts zu erwarten und alles zu erlauben, denn dieses phantastische Märchen ist auch Fantasy und Kampf einer Frau um Selbstbestimmung, darum lieben zu können, es aber nicht zu müssen. Darum sollten Romantiker vielleicht die Finger von dem Buch lassen und stattdessen zu "Zorn und Morgenröte" greifen.


ungewöhnlich ~ magisch ~ gewöhnungsbedürftig

Awwwh, habt ihr es schon gesehen? Zumindest im Englischen wird es wohl ein Spinn-off geben. Und zwar kein eShort, sondern ein ganzes Buch!


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