Montag, 2. Oktober 2017

{Rezension} Glory or Grave: Das Lied der Krähen ~ Leigh Bardugo

Rezension Das Lied der Krähen
Das Lied der Krähen || Leigh Bardugo || Knaur || Fantasy || B || 592 Seiten || 1/2

Ketterdam – pulsierende Hafenstadt, Handelsmetropole, Tummelplatz zwielichtiger Gestalten: Hier hat sich Kaz Brekker zur gerissenen und skrupellosen rechten Hand eines Bandenchefs hochgearbeitet. Als er eines Tages ein Jobangebot erhält, das ihm unermesslichen Reichtum bescheren würde, weiß Kaz zwei Dinge: Erstens wird dieses Geld den Tod seines Bruders rächen. Zweitens kann er den Job unmöglich allein erledigen… Mit fünf Gefährten, die höchst unterschiedliche Motive antreiben, macht Kaz sich auf in den Norden, um einen gefährlichen Magier aus dem bestgesicherten Gefängnis der Welt zu befreien. Die sechs Krähen sind professionell, clever, und Kaz fühlt sich jeder Herausforderung gewachsen – außer in Gegenwart der schönen Inej…


Über dieses Buch hört man ja nur Gutes und da ich momentan eh total auf düstere, ungewöhnliche Geschichten mit Antihelden stehe, kam ich um Das Lied der Krähen gar nicht herum.

Und ja! Dieses Buch hält seine Versprechen, wird seinem Ruf und dem Hype gerecht. Wenn man auf gebrochene Charaktere steht, die aus Egoismus und Berechnung handeln, auf ein düster-faszinierendes Setting voller Gefahren und Geheimnisse und wenn man sich nach einem Plot sehnt, der einem klaren roten Faden folgt (Auftrag-Teambildung-Mission) - dann sollte, nein MUSS man dieses Buch einfach lesen und lieben!

»Sie musste über sich selbst lachen. Sie würde niemandem Liebe wünschen. Sie war der Gast, den man willkommen hieß und dann nicht wieder loswurde.«

Lange durfte ich keine so unkonventionellen und vielschichtigen Charaktere mehr kennen lernen - jede der sechs Krähen, wie sich die Protagonisten nennen, hat ein dramatisches Schicksal, eine düstere Vergangenheit und viele gefährliche Geheimnisse, nebst beeindruckenden Fähigkeiten. Durch die Perspektivwechsel lernt man auch alle Figuren näher kennen; stets mit ausreichend Entfernung, um durch Aufdeckungen und Enthüllungen noch überrascht zu werden. Sicherlich ist hier eine Menge Dramatik im Spiel, jedoch so wohl dosiert, dass die Schicksale zu keinem Zeitpunkt künstlich zugespitzt oder konstruiert wirken und man trotz egoistisch-kühler Verhaltensmuster gar nicht anders kann, als die Charaktere mit all ihren Ecken und Kanten, Fehlern und Eigenarten ins Herz zu schließen. Einen Favoriten aus diese höchst unterschiedlichen Figuren auszuwählen, fällt mir unglaublich schwer. Momentan liegt Kaz, Mastermind und berechnender Bastard haarscharf in Führung.

»Wie willst du mich haben?«, wiederholte sie. »Voll bekleidet? Die Handschuhe an und den Kopf abgewandt, sodass sich unsere Lippen niemals berühren können?« […] »Ich will dich ohne deine Rüstung, Kaz Brekker. Oder ich will dich gar nicht.«

Und können wir bitte der Genialität der Autorin huldigen?! Ich meine, sie hat sechs skrupellose Protagonisten in einer gefährlichen Welt geschaffen und dann bringt Nina, als es heißt "Nur das Nötigste einpacken" Karamelbonbons mit?! Und für das Retten ihres Lebens steht Inej Nina in der Schuld, ihr ein Frühstück mit Waffeln, WAFFELN (!) auszugeben?! Wie abgefahren, ungewöhnlich und liebenswert unerwartet!

Nina klimperte ihn mit glänzenden Wimpern an. »Du würdest Spaß nicht mal erkennen, wenn er sich an dich heranschleicht und dir einen Lutscher in den Mund steckt.«

Das Setting habe ich bereits angerissen, trotzdem noch ein paar Worte dazu. Die Grischatrilogie muss man nicht gelesen haben, um sich in der Welt der Krähen zurechtzufinden (bei mir liegt das Lesen des ersten Bandes eh so lange zurück, dass nur wenig Erinnerungsfetzen geblieben sind). Karten und ausführliche Beschreibungen helfen bei der Orientierung, das einzigartige an dieser Welt ist jedoch die gefahrenträchtige Atmosphäre. Verrat liegt in der Luft, nur der, der am geschicktesten lügen, betrügen und bestehlen kann, hat eine Chance. Zugleich ist Ketterdam mehr als nur ein Quell des Verbrechens, es ist auch eine pulsierende Metropole, das Land der Fjerdan nicht nur unbarmherzig, sondern auch eine atemberaubend schöne Landschaft... genau wie bei den Charakteren versteckt sich unter dem Schmutz und der Düsternis der Orte Glanz, Schönheit und für mich als Leserin auch das Gefühl, nach Hause zu kommen - so wohl fühle ich mich an der Seite der Krähen!

»Gemein.« »Tatsache.« »Tatsachen sind etwas für die Fantasielosen«, sagte Jesper mit einer herablassenden Geste.

Insgesamt kann man das Buch mit einem Puzzle vergleichen - Stück für Stück kommen Verrat und Intrigen, Teile von Kaz´ Masterplan und die verworrenen Emotionen der Charaktere ans Licht. Nach und nach beginnt man, die Welt, die Handlungsweisen der Charaktere und die Brillanz der Mission zu verstehen. Und wäre die Spannung durch diese Häppchentaktik nicht bereits nervenzerreibend genug, dramatisieren die Perspektivwechsel die Handlung zusätzlich. Manche Szenen überschneiden sich, andere sind zeitlich versetzt, sodass schwelende Fragen erst Kapitel später beantwortet werden, oder durch scheinbar rätselhafte Aktionen neue Ratlosigkeit entsteht. Und auch hier vollbringt Leigh Bardugo die Kunst, Maß zu halten. Keine entnervende Überspannung, sondern meisterhaft gelungene Dramatisierung.


... noch ein paar Worte zu Gestaltung und Titel:
[3/5] Das Cover ist weitestgehend dem englischsprachigen Original entnommen und in puncto Farbwahl und Atmosphäre passend zum Buch. "Schön" oder im klassischen Sinne ansprechend finde ich es dennoch nicht. Mit dem Titel habe ich meine Probleme, da ich den Bezug zur Story nicht sehe. Klar, die Krähen das sind die sechs Protagonisten, aber wieso Lied? Wann wird denn bitteschön gesungen?


Fazit das Lied der Krähen Leigh Bardugo Knaur
VIELEN DANK AN DROEMER-KNAUR FÜR DAS REZENSIONSEXEMPLAR

Meisterwerk voller faszinierender Charaktere und atemberaubender Atmosphäre, das trotz der Länge nie langweilig wird, sondern mit Twists, verrückten Aktionen und nervenzerreibender Spannung dem Hype gerecht wird. 

atemberaubend ~ unkonventionell ~ fesselnd


Schreibstil! Welche Autoren sind euch auf Grund ihres außergewöhnliche Schreibstils noch in Erinnerung? Oft fällt mir beim Rezensionschreiben auf, dass ich wenig über den Schreibstil des jeweiligen Autors aussagen kann, außer, dass er angenehm zu lesen und eben bildlich oder nicht ist. Bei Leigh Bardugo ist dem definitiv nicht so, ihr Schreibstil besticht durch eindrucksvolle Atmosphäre und überwältigende Beklemmnis ob der dunklen Gefahren...

Herausragend und mir wegen ihrer einzigartigen Art zu formulieren noch im Hinterkopf sind Julia Adrian, Leigh Bardugo, Rick Riordan, Gesa Schwartz, Victoria Aveyard und Helen Maslin.


 Ähnliche Bücher in meiner Schatztruhe:
{mit einem Klick auf die Cover gelangt ihr zu den Rezensionen}
Book of Lies Ein Käfig aus Rache und Blut Geteiltes Blut dot Com Geteiltes Blut Messenger (Das) Labyrinth erwacht

4 Kommentare:

  1. Guten Morgen!

    Ja, von dem Buch war ich so richtig begeistert! Was für ein Abenteuer und großartige Spannung! Über so einen "Coup" liest man ja eher selten, ist eigentlich schade, da hat sich die Autorin wirklich was großartiges einfallen lassen!

    Ich hoffe, dass der zweite Band jetzt nicht so lange auf sich warten lässt :)

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Ahoy Aleshanee,

      wenn du solche Coup- Stories magst, MUSST du die Olsen Bande gucken. Grandios!

      Ansonsten leider schlecht Nachrichten: Band 2 im Herbst nächsten Jahres erst in deutscher Sprache :(

      Liebste Grüße,
      Mary <3

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  2. Huhu =)
    Ich habe es jetzt auch endlich geschafft das Buch zu lesen (wo es gefühlt schon jeder gelesen hat 'lach), leider war ich nicht ganz so begeistert wie du. Es war spaßig, aber nicht weltüberragend und nicht so neuartig,w ie imemr alle gesagt haben. Auch finde ich, dass es besser ist die Grischa Reihe vorher zu lesen, Daher warte jetzt also erstmal darauf, dass die Neuauflage der Grischa Bände erscheinen, bevor ich die Krähen weiterlese.

    LG Sandra

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    1. Ahoi Sandra,

      ja ich habe deine Rezi schon gesehen - schade, dass es dich nicht ganz so flashen konnte ^^ Die Story an sich, da hast du schon recht, ist nicht so neuartig, eher eine Rückbesinnung auf die gute, schnörkellose Fantasy, aber die Charaktere waren für mich das Geniale :D

      Aber ja, Grischa muss ich echt auch noch lesen, habe vor Ewigkeiten des ersten Band gelesen, wodurch ich ein wenig Orientierung hatte, aber mit der ganzen Reihe hat man´s bei den Krähen garantiert leichter ^^

      Liebe Grüße
      Mary <3

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