Sonntag, 26. November 2023

{ZzS} #88: Die letzten Tage des Patriarchats ~ Margarete Stokowski

Die letzten Tage des Patriarchats || Margarete Stokowski || rowohlt Verlag || 
Essaysammlung || 4/5 Anker

Ahoi! Sowohl Untenrum frei als auch Die letzten Tage des Patriarchats von Margarete Stokowski habe ich dieses Jahr gelesen und bei beiden Büchern oft nur laut "JA!" schreien wollen.  Stokowski schafft es, wütend und zugleich witzig, anklagend und doch nicht mit erhobenem Finger, enttäuscht und zugleich optimistisch zu schreiben. Heute also ein paar Zitate von ihr.



Feminist*innen mussten sich zu jedem Zeitpunkt der Geschichte anhören, dass eigentlich längst alles okay wäre - wenn sie sich nur nicht so anstellen würden! Doch ein großer Teil unserer heutigen Freiheit ist den Kämpfen derer zu verdanken, die darauf bestanden haben, dass noch nicht alles gut ist, und die sich nicht einschüchtern ließen von Leuten, die ihnen erzählten, sie seien zu verbittert, zu naiv oder komplett verrückt. (S. 8)

Aber die Tatsache, dass es um die Lebenssituationen und Machtoptionen von Frauen heute besser steht als zu Zeiten, als die bloße Forderung nach gleichen Rechten mit dem Tod bestraft wurde, heißt nicht, dass alles gut ist. (S. 8)

Wörter sind relevant, wir verbinden in unseren kleinen, schmutzigen Hirnen Dinge mit ihnen, auch unbewusst. (S. 86)

Wenn eine Gesellschaft - vereinfacht gesprochen - zum Nachteil von Frauen eingerichtet ist, dann wirkt vieles, was zur Gleichberechtigung getan wird, wie Männerhass. Grüße an die Frauenquote. Gleichzeitig gibt es aber einen festgetretenen Bodensatz an Frauenhass, -verachtung, -beschuldigung oder ähnlichen Haltungen, die so alltäglich sind, dass sie auch aufgeklärten, offenen, intelligenten Leuten oft nicht auffallen. Frauenhass bleibt häufig unentdeckt, während vermeintlicher Männerhass schnell als Argument gegen aufgebracht wird. (S. 110)

Der Witz an Privilegien ist, dass man sie nicht die ganze Zeit fühlt, sondern dass sie Voreinstellungen der Macht sind, die einigen Menschen Dinge ermöglichen, die für andere wesentlich schwieriger oder unmöglich wären. (S. 167)

Wir halten es für eine verdammte Selbstverständlichkeit, dass eine Frau in der Dämmerung nicht mehr im Wald joggen gehen sollte. Eine Frau. Immer sind es die Frauen, die ihr Verhalten anpassen sollen. Vielen Männern ist nicht klar, wie sehr Frauen die Angst und den Schutz vor Gewalt in ihren Alltag integrieren. Wie sehr wir ein Klima von Bedrohung für normal halten. (S. 191)

Denn hinter jeder erfolgreichen Frau steht mindestens ein Mann, der es nicht aushält, dass diese Frau eine Frau ist. (S. 218)

Die einzige Frau, die nicht ständig nach ihrem Körper beurteilt wird, ist Siri, die iPhone-Stimme. Und die spricht auch nur, wenn sie gefragt wird. Wie angenehm. (S. 262)

Es gehört zum Frausein im Kapitalismus, Unmengen von konsumierbarem Zeug angeboten zu kriegen, das den Körper optimieren soll - obwohl er in den allermeisten Fällen schon okay ist. (S. 270)

Jedes einzelne «Lächle doch mal», das einer Frau zugerufen wird, wenn sie gerade mal nicht als Grinsekatze durch die Welt läuft, ist Teil des Problems. Wer lächelt, stellt zumeist keine Forderungen, es ist die liebliche Variante des Klappehaltens. Im Lächelnsollen vereinen sich die Ansprüche an Frauen, nicht nur hübsch auszusehen, sondern auch noch Harmonie zu versprühen, wo immer sie gerade sind. So ein unscheinbarer Satz - und so ein dreckiges System, das durch ihn am Laufen gehalten wird. (S. 278)

Wenn man sich durch die politische Ideengeschichte liest, verbringt man viel Zeit damit, Leuten dabei zuzusehen, wie sie sich Dinge entweder schönreden oder wie sie an der Dummheit oder Verlogenheit der anderen verzweifeln. (S. 461)


Sprechen euch die Zitate an/machen sie euch neugierig auf das Buch? Lest ihr Essaysammlungen?

4 Kommentare:

  1. Huhu liebe Ronja,
    das Buch klingt klasse - ich stimme nicht allen Zitaten zu, aber viele sind soooo wahr.
    Allerdings kann ich auch lächelnd den Typen erzählen, wo der Frosch seine Locken hat *evil-grin
    LieGrü
    Elena, die beide Bücher mal auf die WuLi gesetzt hat

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    1. Ahoi Elena,

      ja so ging es mir beim Lesen auch - oft wollte ich ganz laut JA! rufen und sehr gut, das kann ich auch :D

      Bin ich gespannt, wie dir die Bücher gefallen sollten, solltest du sie lesen - Letzten Tage des Patriarchats sind viele kurze Essays und Kolumnen; Untenrum frei fünf (?) längere thematische Auseinandersetzungen.

      LG Ronja

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  2. Liebe Ronja

    "Die letzten Tage des Patriarchats" habe ich einfach immer noch nicht gelesen, obwohl ich "Unterum frei" sooo geliebt habe. Oh je, das muss ich definitiv nachholen, es steht schon zu lange auf der Wunschliste...

    Alles Liebe und danke fürs Erinnern
    Livia

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    1. Ahoi liebe Livia und ein frohes Neues!
      Und gern geschehen, haha. "Die letzten Tage des Patriarchats" liest sich gut weg; ist ja eine Essaysammlung und auch nicht jeder ist der größte Wurf, aber insgesamt eine starke Mischung.

      LG Ronja

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