Sonntag, 8. März 2020

Die Hälfte der Welt der Hälfte der Menschen! ~ Frauentag

 Internationaler Frauentag Weltfrauentag Frauenkampftag kick ass Feminismus Gleichstellung Gleichberechtigung niunamenos

Ahoi! Heute ist internationaler Frauentag (auch Weltfrauentag, Frauenkampftag, Internationaler Frauenkampftag oder kurz Frauentag) - in Berlin seit letztem Jahr endlich auch offizieller Feiertag. Erstmalig fand er 1911 statt, seit 1921 wird er jährlich am 8. März begangen. Es geht um Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter - leider auch heute noch, auch in Deutschland noch, unerfüllte Forderungen! Daher heute mal kein buchiger Beitrag, sondern ein (ungewohnt?) politischer Kommentar meinerseits.

  • Gender Pay Gap: Frauen verdienen in Deutschland also im Durchschnitt 21% weniger als Männer. Und ja, die Erfassung des prozentualen Unterschiedes zwischen dem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von angestellten Männern und Frauen berücksichtigt nicht die unterschiedlich bezahlten Berufsfelder. Vom Statistischen Bundesamt wird jedoch zusätzlich der bereinigte Gender Pay Gap berechnet, bei dem jener Teil des Verdienstes herausgerechnet wird, der auf strukturelle Unterschiede bei Berufswahl, Beschäftigungsumfang, Qualifikation und Berufserfahrung oder auf den geringeren Anteil von Frauen in Führungspositionen zurückzuführen ist: Frauen verdienen bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit pro Stunde durchschnittlich 6 % weniger als Männer. WHY?!!!
  • Care-Arbeit: Frauen in Deutschland verbringen täglich im Schnitt 164 Minuten, knapp drei Stunden, mit Hausarbeiten wie putzen, kochen oder bügeln, Männer nur gut halb so viele.  Mehr noch, laut Berechnungen der Welt am Sonntag würden bei regulärer Entlohnung der von Frauen in Deutschland unbezahlt gearbeiteten Stunden  Bruttolöhne von mehr als einer Billion Euro fällig! Jede Zweite hat wegen dieser Doppelbelastung, so eine Bertelsmann-Studie, mindestens einmal ihre Karrierewünsche aufgeben oder ändern müssen.
  • Marginalisierung: Obwohl durch Verfassung, Gesetze und gesellschaftlichen Grundkonsens geschützt, sind Frauen in Deutschland oftmals auf dem Arbeitsmarkt (noch immer) schlechter gestellt als Männer: Nicht nur sind sie häufiger arm als Männer*, sie steigen – bei gleicher Qualifikation – auch seltener, später und weniger steil auf als Männer. Gerade in hochqualifizierten Berufen/Professionen zeugt sich also, dass Frauen häufiger Hebammen, Krankenschwestern oder Arzthelferinnen werden, anstatt Chirurginnen, Orthopädinnen oder Urologinnen und sich Juristinnen überproportional häufig auf Familien-, Arbeits- und Sozialrecht spezialisieren, während ihre männlichen Kollegen sich Wirtschaft, Finanzen und Verwaltung widmen. Und guess what, das schlägt sich dann wieder in der Bezahlung nieder.
  • Gläserne Decke: Auch wenn Frauen in der Bundesrepublik grundsätzlich – und grundgesetzlich – jeder (berufliche) Weg offen steht, stoßen sie doch in der Realität, wie im vorherigen Abschnitt bereits angerissen, recht schnell gegen die „gläserne Decke“;  jene nicht sichtbare Barriere, mit der Frauen im Karriereverlauf trotz hoher Qualifikation häufig konfrontiert sind, wenn sie in das obere Management aufsteigen wollen. Von der traurigen Quote von Frauen in Spitzenpositionen brauche ich wohl kaum zu erzählen.
  • Sexuelle Belästigung & Gewalt: 37% aller Befragten einer repräsentativen Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland des BMFSFJ gaben an, körperliche Gewalt erlebt zu haben, 40% der befragten Frauen haben seit ihrem 16. Lebensjahr bereits sexuelle und/oder körperliche Gewalt erlebt, 58% sexuelle Belästigung und 42% psychische Gewalt in Form von Einschüchterung, aggressivem Anschreien über Verleumdungen, Drohungen und Demütigungen bis hin zu Psychoterror.  Die Zahlen sprechen für sich. Jede zweite bis dritte Frau erlebt körperliche Übergriffe in ihrem Erwachsenenleben und etwa jede siebte sexuelle Gewalt! Und mehr noch: Die Werte liegen im europäischen Vergleich im mittleren bis hohen Bereich.
* 2012 war in Deutschland mehr als jede fünfte Frau arm oder sozial ausgegrenzt!


Nicht-amüsanter Fun-Fact: Der Gender Gap-Report des Weltwirtschaftsforums hat berechnet, dass es bei Beibehaltung des jetzigen Tempos nur noch knappe 100 Jahre dauert, bis die vollständige Gleichberechtigung erreicht ist. Champagner für alle! -.-

Das nur als ein paar Einblicke, warum der Tag noch heute, gerade heute, von so großer Bedeutung ist. Interessanterweise ist der 8. März in 26 Ländern bereits gesetzlicher Feiertag: Angola, Armenien, Aserbaidschan, Burkina Faso, Eritrea, Georgien, Guinea-Bissau, Kasachstan, Kambodscha, Kirgisistan, Laos, Madagaskar, Moldawien, Mongolei, Nepal, Russland, Sambia, Serbien, Tadschikistan, Turkmenistan, Uganda, Ukraine, Usbekistan, Vietnam, Weißrussland und Zypern. Überraschend, oder?!

Für eine plurale, ausgrenzungsfreie Gesellschaft - nicht nur an internationalen Kampftagen!


TIPP: Die kostenlose Broschüre „Dieser Tag gehört den Frauen – Internationaler Frauentag am 8. März“ kann euch nur empfehlen. Sie bietet einen Einblick (aus Berliner Perspektive) in die Geschichte des heutigen Tages - vom ersten internationalen Frauentag 1911, über die Wahlrechterkämpfung 1918/19, die unterschiedliche Begehung des Tages in Ost und West bishin zum Beschluss des Abgeordnetenhauses letztes Jahr, den Tag zum berlinweiten Feiertag zu machen. Außerdem ist seit vorgestern die Ausstellung "Die Hälfte Berlins – Ein Blick auf 150 Jahre Frauenbewegung" eröffnet.

[Ich habe euch Einzelverweise, Links und Quellenangaben erspart - kann euch aber zu jeder Zahl einen Link/Literatur angeben, wenn ihr etwas genauer nachlesen möchtet]

4 Kommentare:

  1. Hallo liebe Ronja,

    interessant in welchen Ländern dieser Tag ein Feiertag ist oder !!!

    Manchmal ist es schon erstaunlich mit welchen Argumenten Männer Frauen versucht haben "klein zu halten" oder?

    Im Jahre 1989 wurden unsere Frauen...Europameisterinnen und was bekamen sie als Prämie vom DFB...?

    Rate mal, da kommst Du nie darauf..? Ein Kaffeeservice ..


    Kleine Erklärung dazu..Und das Problem war, dass die Damen alle Amateure waren.

    Damit durfte 1989 keine finanzielle Prämie für den Titelgewinn ausgezahlt werden.

    Da hatten die älteren Herren im DFB die irre Idee: Das sind Mädels, denen schenken wir ein 41-teiliges Kaffee-Service. Weiß, blau mit bunten Blümchen drauf, von einer großen westdeutschen Firma. Und eine Espresso-Tasse von diesem EM-Service kostet aktuell - wenn man sie haben wöllte - 18,90 Euro.

    Inzwischen bekommen die Fußballfrauen für Titel auch Prämien: 2013 sollen es rund 22.000 Euro gewesen sein. Die frühere Bundestrainerin Silvia erzählte vor einigen Jahren der dpa, siehe habe ihre Titel-Tafelservice noch. Das stehe im Schrank der Eltern. Eine der 41-teiligen Kollektionen kann im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund bewundert werden.

    So das ist mein Beitrag zum Frauentag...

    LG..Karin..

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    1. Ahoi liebe Karin,

      ich hoffe, du hattest einen schönen Frauentag - langer Weg noch, leider!
      Und jaaaaa, das mit dem Kaffeeservice hatte ich auch mal mitbekommen, total heftig -.-

      LG Ronja

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  2. Liebe Ronja

    Lieben Dank, dass du mir den Link zu diesem Beitrag dagelassen hast. Heftig, was da auch im Westen Europas geschieht, leider ist es ja so, dass wir uns fast noch glücklich schätzen müssen, hier zu leben und nicht an einem ganz anderen Ort, an dem Frauen noch weniger geschätzt und noch heftiger klein gehalten werden.

    Was ich mir gerade gedacht habe... Wie viel mehr Zeit, emotionale und gedankliche Ressourcen ich doch hätte, wenn ich mir nicht so viele Gedanken um Leib und Leben machen, nicht härter für die gleiche Anerkennung und die gleichen Rechte kämpfen und mich dann auch noch täglich mit allen möglichen Arten von Seximus auseinandersetzen müsste.... DAS ist etwas, das ein Mann nie nachvollziehen können wird. Und das ist eigentlich das schlimmste an dieser ganzen Sache.

    Hach, ich drücke dich
    Livia

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    1. Ahoi Livia,

      ja voll, das ist es ja. Wenn ich mich als weiße Frau mit deutschem Pass über Unterdrückung/Patriarchat echauffiere, dann spreche ich aus einer verdammt privilegierten Perspektive; das "anderswo ist es aber schlimmer" bringt dann aber auch immer nicht weiter und regt zusätzlich auf, so wahr es auch sein mag... schwierig!

      Und JA! Es nervt, dass das "Frausein" immer mitgedacht werden muss und wird, dass ich weniger "einfach mal machen" kann, irgendwas immer zu bedenken ist, Widerstände, dumme Sprüche, Rechtfertigungen... why?!

      Kann dir wirklich nur in allem zustimmen; Drücker zurück!
      Ronja

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