Donnerstag, 11. Juni 2020

... und Periode ist weder "Frauensache" noch unpolitisch!

Rezension Periode ist politisch Franka Frei
Periode ist politisch - Ein Manifest gegen das Menstruationstabu || Franka Frei || 
Heyne Hardcore || Sachbuch || HC || 256 Seiten || 1/1

Was haben eine deutsche Hausfrau, die dänische Kronprinzessin und eine indonesische Fabrikarbeiterin gemeinsam? Sie menstruieren. Zumindest potenziell, denn sie gehören zu jenem Teil der Weltbevölkerung, der einen Zyklus hat. Die sagenumwobene Menstruation, Periode, Erdbeerwoche oder der Besuch von Tante Rosa machen weder Halt vor Herkunft noch vor Religion oder Klasse. Die Menstruation ist eine faszinierende Körperfunktion, dennoch gilt sie häufig als Tabu, was weitreichende Konsequenzen für die Umwelt, Wirtschaft und Geschlechtergleichstellung hat. Also ab in die Tonne mit dem Tabu! Franka Frei zeigt, wie das Menstruationstabu großen Schaden anrichtet, und dass es höchste Zeit ist, etwas dagegen zu tun.


Ich weiß gar nicht mehr genau, wie ich eigentlich über dieses Buch gestolpert bin - all zuviel Aufmerksamkeit bekommt es ja nicht. Videotrailer und Leseprobe machten mich jedoch mehr als neugierig, mich zum "Tabuthema" Periode zu belesen.

Und das habe ich nicht bereut! Nicht nur schreibt Franka Frei sarkastisch, unterhaltsam und frisch; sie sorgte bei mir dabei auch für einige Aha-Momente. Von Bedeutung für sozialen und finanziellen Gesellschaftsstatus, über kulturelle Stigmata, Produktbandbreite und die Pille zu Auswirkungen auf Umwelt und Ökonomie - das Buch thematisiert eine Menge Aspekte von Menstruation und zeigt, dass sie definitiv kein "Frauenproblem" ist. Weil Menstruation - hey JKR! - weder ausschließlich Frauen* betrifft noch an sich als Problem gesehen werden sollte.

»Genau wie bei der negativen Haltung zur Menstruation geht es auch bei Themen wie Schwangerschaftsabbruch, Verhütung. »Slutshaming« oder »Body-Positivity« um das, was eigentlich dahintersteht: Nämlich ein allgegenwärtiges, patriarchalisches und vom Kapitalismus geprägtes Gesellschaftskonstrukt, das uns verbietet, bestimmte Dinge zu hinterfragen und uns mit negativen Gefühlen und sozialer Ächtung bestraft, wenn wir uns außerhalb der Grenzen gültiger Normen bewegen. Sexismus und jede andere Form der Diskriminierung als strukturelle Probleme sichtbar zu machen, funktioniert nur dann, wenn wir anfangen, darüber zu reden – und auch den gesellschaftlichen Umgang mit der Periode als Problem anzuerkennen.«


Es ist unglaublich, dass Menstruation (immer noch) ein solches Tabuthema ist; so wenig darüber gesprochen und geforscht wird... umso mehr braucht es Bücher wie dieses! Auch das Verlagslabel ist bereits Ausdruck der Marginalisierung und Tabuisierung des Themas; ist Heyne Hardcore doch ein Label für "unkonventionelle, kritische, unbequeme Alternativen abseits ausgetretener Mainstream-Pfade" und veröffentlicht sonst vor allem Underground, Erotik, Rock ’n’ Roll und Spannung. 


 


Ganz oft habe ich beim Lesen zustimmend mit dem Kopf genickt oder selbigen ungläubig geschüttelt, so manches Mal verblüfft oder überrascht die Augen aufgerissen oder gar das Internet durchforstet. Gerade über die Pillenpause als "Friedensangebot" an die Kirche stolperte ich ^^

Direkt durch das Buch oder durch anschließende Recherche für mich entdeckt habe ich :
  • FemBooks: Onlineshop für feministische, lesbisch_queere, emanzipatorische Bücher und Medien - von Frauen* geschrieben Bücher/Bücher aus der weiblichen* Perspektive; feministische und queere Literatur; sowie Bücher, die Geschlechterrollen hinterfragen/nicht verfestigen
  • Euphemismen für Menstruation in anderen Sprachen; verrückt was es für Sprachspielereien im Deutschen, Französischen, Italienischen, Dänischen, Chinesischen, Japanischen, Spanischen, Russischen und Portugiesischen gibt!
  • Ebbe und Blut Alles über die Gezeiten des weiblichen Zyklus; ein Buch, das ich unbedingt noch lesen möchte.
  • Menstruation in Fiction - ein Thema, über das ich schon oft nachgedacht und gesprochen habe (wenn auch nicht hier auf dem Blog). I mean... für Bella zu Menscheszeiten doch eigentlich ein riesen Problem? Für Katniss in der Arena sicherlich nicht berauschend? Aber nope, bis auf wenige Ausnahmen dank des Stigmas keinerlei Erwähnung.

»Der Umgang mit Menstruation als etwas Schambehafteten ist Teil eines Unterdrückungsmechanismus in dem komplexen System, das sich Patriarchat nennt.«


Kleine Kritik gibt es für den stellenweise belehrend wirkenden Ton - gerade bezüglich Menstruationsprodukte positioniert sich die Autorin mehrfach deutlich und lässt wenig Raum für Diskussion. Aber in Ordnung, das Buch heißt ja auch Manifest und nur weil eine Meinung geäußert wird, muss ich der ja nicht blind folgen, sondern kann eigene Recherche anstellen und/oder eine eigene Einstellung entwickeln/haben. Bezüglich Patriarchat, Homo- und Transphobie, oder was Menschen noch für unlogischen Hass entwickeln können, kann ich ihre Statements jedoch nur lauthals bejahen, wir brauchen (leider) viel mehr öffentlichen Stimmen, die benennen, was schiefläuft und warum wir in unseren Köpfen ausmisten müssen!


... noch ein paar Worte zu Gestaltung und Titel:
[3/5] Das Format und die Einbindeart des Buches, ein quaderförmiges Hardcover, gefällt mir ausgesprochen - weniger ansprechend finde ich hingegen das Cover. Es soll definitiv Aufmerksamkeit generieren und schockieren, das ist auch gut so, nur empfinde ich es als unästhetisch durch die Haltung der abgebildeten Autorin... Den Titel finde ich klasse und aussagekräftig.


Periode ist politisch - Ein Manifest gegen das Menstrautionstabu
VIELEN DANK AN RANDOMHOUSE FÜR DAS REZENSIONSEXEMPLAR

Von dieser Lektüre nehme ich einiges mit und kann sie menstruierenden und nicht-menstruierenden Menschen nur empfehlen; schreibt die Autorin doch frank und frei, ohne sich von Tabus oder Scham aufhalten zu lassen, über die verschiedensten Aspekte der Periode.

unverblümt ~ empowernd ~ aufschlussreich

Erlebt ihr Menstruation auch als Tabuthema, über das nicht oder nur unter vorgehaltener Hand gesprochen wird? Und fallen euch Bücher ein, in denen sie auch nur erwähnt wird; egal ob Fantasy, Dystopie oder historischer Roman ?


 Ähnliche Bücher in meiner Schatztruhe:
{mit einem Klick auf die Cover gelangt ihr zu den Rezensionen}
Anleitung zum Widerspruch Eine Verteidigung der Rechte der Frau Feminist Fight Club

2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Ronja,

    die Periode ist für meinen Geschmack schon eine Frauensache und solange man ohne Partner ist. Bleibt es auch ein Frauending, genau wie die Geburt eines Kindes....

    Frau kann den Mann mit einbeziehen, muss ihn aber nicht.....

    LG..Karin..

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    1. Ahoi Karin,

      so war das tatsächlich auch nicht gemeint - ich meinte viel eher, dass Periode nicht gesellschaftlich als "darum müssen sich ja nur Frauen kümmern, deshalb reden wir nicht mal darüber, was für ökonomische/soziale/politische Auswirkungen sie hat und überhaupt Jungs/Männer müssen darüber nicht gebildet werden" behandelt werden sollte; dass es kein Tabuthema sein sollte. Dass jede darüber sprechen kann und darf - natürlich aber nicht muss...

      LG Ronja

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