Sonntag, 30. Oktober 2022

Ewiglich das Augenrollen ~ Was mich an der Trilogie alles aufregte


Ahoi! Für (griechische) Mythologie habe ich ja eine Schwachstelle und nach all´ den Sachbüchern und schwereren Geschichte war mir neulich nach einer seichten Lektüre - da kam die langzeit SuB-Trilogie gerade recht! Doch obwohl ich nicht viel erwartete, wurde ich massiv enttäuscht. Here´s why.

[ACHTUNG! Dieser Post wird massiv viele Spoiler enthalten - also nur weiterlesen, wenn ihr die Reihe schon kennt/nicht vorhabt, sie zu lesen.]

Okay, zunächst - worum geht es überhaupt? Nikki hat vor einem halben Jahr eine dumme, egoistische und unnötige Entscheidung getroffen. Sie war traurig wegen des Todes ihrer Mutter und dachte, ihr Langzeit-bester-Freund-und-endlich-Beziehungsfreund habe sie betrogen. True love und so, in Teeniejahren. Also beschließt sie mit Cole, einem Unsterblichen, den sie erst ein paar Wochen kennt und der superbeliebter Sänger ist, mit in die Unterwelt zu gehen - um ihn erst 100 Jahre lang zu "nähren" und dann - sollte sie das überleben - in den Tunneln langsam und qualvoll zu sterben. Na klar. Bereits hier schon wenig bis kein Worldbuilding und Erklärungen - woher weiß sie, dass es 100 Jahre waren und ist das überhaupt relevant? Sie und Cole lagen doch einfach nur im Dunkeln rum; ich weiß nicht mal, ob die in der Zeit geredet haben? Auf jeden Fall überlebt Nikki wie durch ein Wunder - weil sie Jack sooo liebt und er sie auch! - dieses Emotionsausgesauge und hat nochmal sechs Monate in der Welt, bevor die Tunnel rufen - oder sie Coles Königin wird. Etliche Englischstunden (gefühlt hat sie nur dieses eine Fach und dort wird natürlich, welch Zufall, ausgiebig griechische Mythologie behandelt), ein paar Konzerte, einen Ball, einige Samstage in der Suppenküche, etwas Recherche und viel Teenie-Drama (die beste Freundin ist natürlich mittlerweile in Jack verliebt, der noch immer in Nikki, Cole auch und Nikki kriegt nix mit) später, opfert sich schließlich Jack und geht in die Tunnel.

In Band 2 versucht Nikki dann alles, ihre grooooße Liebe zurückzubekommen. Sie latscht mit Cole durch die Unterwelt, alles supergefährlich, viele Verletzungen und dauerndes Ausgelaugtwerden, dazwischen erzählt sie stories von Jack und warum er der große Held ist und naja, am Ende hat sie ihn dann auch zurück. Wie genau, ist nicht klar. Orpheus und Eurydike nur umgekehrt und erfolgreich. Ah ja, und Cole hat sie reingelegt und zur Ewiglichen gemacht. Blöd gelaufen. Außerdem ist Jack jetzt quasi Herkules; noch größer und stärker und das wird permanent erwähnt. Im finalen Band hat Nikki mal wieder ein Sterbeultimatum - sie muss sich von Cole nähren, um dann bald nen Spender finden zu müssen und endgültig zur Ewiglichen zu werden. Außer sie zerstört mal eben das Ewigseits. Praktischerweise wurde Cole von der Königin der Unterwelt so gefoltert, dass er sein Gedächtnis verloren hat und bei diesem Plan bereitwillig mitmacht, nen Freund von ihm, der gerade zum Schatten wird und ein Professor helfen auch. Wie durch ein Wunder fügt sich dann alles, alle Ewiglichen, können mit einer Bombe auf die gesammelten Herzen vernichtet werden, das Ewigseits zerfällt und auch Cole stirbt. Tammtammtamm. Nikki muss jetzt noch für nen halbes Jahr in eine Klinik, aber sie und Jack haben ja jetzt Zeit und Herzen und sich. Ewiglich.

Das gesamte Konzept, die Grundidee der Reihe wirkt leblos auf mich - Leute, die nicht sterben wollen, werden zu Ewiglichen, um dann unsterblich... ja, was eigentlich? Alle 100 Jahre jemanden suchen, der 100 Jahre für sie stirbt, aber dazwischen? Was machen die da unten im Ewigseits? Gehen die Berufen nach? Wie funktioniert das mit den Opfern für die Königin - wer schreibt diese SMS und wer behält da wie den Überblick, wie viele Ewigliche es gibt und welchen Tribut sie schuldig sind? Gehen sie Beziehungen ein? Können sie Kinder kriegen? Und dann die Töchter Persephones - sind die mit der Göttin verwandt oder wie wurden die ausgewählt? Was ist mit Söhnen, müssen die nicht Spender werden? Nähren sich weibliche Unsterbliche auch von den Töchtern, oder suchen die sich Typen? Kann das Ewigseits nur von einer Frau beherrscht werden? Warum hat nur sie Zugriff auf die elysischeb Gefilde? Wo ist eigentlich Hades? Können die Töchter, die zu ihrer Lebzeit keine Nährung erleben werden, "normal" leben? Was soll dieses Armband? Dann die Delphinier und die Streuner - warum werden die eigentlich nicht zu schatten und warum wollte der eine Streuner Coles Oberweltherz? Woher kommen die Körper der Kopfgeldjäger? Warum hat Ashe Adonia verraten (hat ihm doch nichts genützt) und woher wusste ausgerechnet Cole, wo sie ist? Und diese Seherin, die er erwähnte - ist die Teil des Ewiglichennetzwerkes oder war er auf nem Jahrmarkt?

Handlung also ein Flop - doch die Charaktere, die diese Bücher bevölkern, regten mich mindestens genauso auf. Nikki ist einfach nur schwach und jämmerlich, permanent versinkt sie in Schuld und pseudoheroischen "ich lasse keinen Menschen für mich sterben, lieber sterbe ich". Ihre Handlungen wirkten auch mehr chaotisch und verzweifelt, als stark und zielstrebig. Ihr Essverhalten sollte sie auch überdenken - entweder gab es tagelang nichts; nicht mal Flüssigkeit, oder Tiefkühlpizza/Take-away vom Chinaimbiss (abgesehen von dem einen geplatzten Joghurt aus ihrem Lunchbeutel). Jack war zunächst nur blass, nach seiner Hulk-Transformation ist er dann nur noch nervig und sein besitzergreifendes Verhalten mindestens problematisch - seine Rolle beschränkte sich aufs Eifersüchtigsein, Sich-vor-Nikki-Stellen und irgendwas einschlagen (oder -treten). Seriously, er trägt überhaupt nichts zur Handlung bei. Ich hätte es gefeiert, wenn Nikkis Anker ihre Familie gewesen wäre; dass ihr Bruder und ihr Vater sie so sehr lieben  - gerade nach dem Tod der Mutter - und sie sie auch, dass sie überlebt. Und dann alles gemeinsam mit der besten Freundin Jules erlebt; die wäre ja dann auch nicht distanziert, weil kein love interest im Weg stünde. Die ganze Süßholzraspelei und Schwärmerei zwischen Jack und Nikki konnte mich sowieso nicht erreichen; jaja, true love mit 17. Cole ist der einzige Charakter, der aus mehr als einer Emotion besteht und dessen Verhalten und Motivation sich nicht in einem Satz zusammenfassen lassen. Trotzdem wirkte bei mir weder "sexy, mysteriöser Unsterblicher mit zweifelhaften Ambitionen" noch "geläuterter, oft verletzter und irgendwie süßer Verliebter". Und auch wenn Erinnerungsfetzen ihm eine Vergangenheit und damit Charakter und Vielschichtigkeit verleihen sollen, blieb er doch einfach nur ein Typ, der 1000 Jahre zu lange gelebt hat. Der einzige sympathische Charakter war Will - leider nur eine Nebenfigur. Vater, Bruder, Freund- und Bekanntschaften - alle anderen Figuren bleiben unscharf und scheinen lediglich in bestimmten Szenen eine Funktion erfüllen zu müssen, statt die Reihe zu bereichern und Tiefe zu verleihen.

Für mich gab es in dieser Reihe nichts, wo ich dachte "ah, das ist ja mal eine kreative Idee, ein logischer Spin, eine überzeugende Umsetzung" - einfach noch eine Jugendbuchromanze, zufällig halt mit griechischer Mythologie-Einstreuungen. Kann man lesen - sich aber auch einfach sparen. Da finde ich selbst Göttlich retroperspektivisch besser. Oder einfach gleich Percy Jackson; das liest sich genauso entspannt, ist nur viel aufregender, schlüssiger witziger und Liebe dient nicht als Lückenfüller für Handlungs- und Logiklöcher.


... noch ein paar Worte zu Gestaltung und Titel:
[2/5] Ich mag die Farben und Musterung der Cover, aber da hört es auch schon auf - weder das stark geschminkte Gesicht noch die künstlich aussehende Frucht bzw. Blumen empfinde ich als ästhetisch und in der Gesamtkonzeption sind die Cover aussagelos und langweilig. Passend zur Geschichte, möchte ich spotten. Die Titel sind dramatisch und hochtrabend - passend zu Nikkis Verhalten und inneren Monologen...



Eine Trilogie, in der alle Jugendbuchklischees vorhanden sind. Liebesdreieck, schwache Prota, die permanent von ihren Jungs gestützt, versteckt und geschützt werden muss, der gutaussehende Mädchenschwarm, der sich natürlich für die unscheinbare beste Freundin interessiert, der sexy Star, der unsterblich ist und dieses Mädel natürlich auch will, die beste Freundschaft, die unter der Liebesgeschichte leidet, das schwache Verhältnis zur Familie (und Teilwaisenstatus) - check! Wenn es dann wenigstens ein ausgefeiltes Worldbuilding gegeben hätte, eine überzeugende Rahmenhandlung. Leider Fehlanzeige. Aber zumindest flott geschrieben und durch die vielen Ereignisse (wenn auch die meisten an den Haaren herbeigezogen und/oder aufgesetzt wirkten - es fügte sich einfach alles zu praktisch; zu viele Zufälle und überraschende Hilfestellung) angenehm und zügig zu lesen; ich hab die Trilogie quasi in einem Wutsch durch- und weggelesen. Ein Zeitvertreib, doch ohne Mitfühlen meinerseits und stattdessen ganz viel Augenrollen - dennoch wollte ich dann doch wissen, wie es endet bzw. wie es zu dem Ende kommt, das von Anfang an klar war. Vielleicht bin ich mittlerweile auch zu alt für 0815-Jugendbücher. Ich hätte auf jeden Fall deutlich lieber die Geschichte von Adonia gelesen.

unspektakulär ~ farblos ~ kitschig

Kennt ihr die Reihe? Habt ihr auch manchmal Lust auf "seichte Lektüre" und wonach greift ihr dann? Welchen (griechischen) Mythos würdet ihr gern adaptiert lesen?


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8 Kommentare:

  1. Hallo liebe Ronja :)

    Tatsächlich steht die komplette Reihe noch bei mir im Regal, wobei ich bisher nur den ersten Band gelesen habe. Das ist zwar schon eine ganze Weile her, hat mich damals aber dazu bewegt, die anderen Teile auch noch zu kaufen. Ich bin gespannt, wie mir die Bücher gefallen :D

    Liebe Grüße
    Lisa von Prettytigers Bücherregal (Blog & Instagram)

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    1. Ahoi Lisa,

      na da bin ich auch gespannt, wenn du dann mal dazu kommst, wie dir die Reihe gefallen wird ^^

      LG Ronja

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  2. Ahoi Ronja!
    Ich habe gerade sowas von gelacht beim Lesen deiner Zusammenfassung! Nicht, dass ich die Reihe kenne, und sie jetzt auch ehrlich nicht weiter kennenlernen möchte - Gott bewahre :D Aber was du beschreibst, klingt wirklich ganz grässlich nach diesem 0815-schontausendMalgehörtodergelesen-Mist, der sich irgendwie diesem Hype um mythologische Einflüsse anschließen will. Immer wieder traurig, dabei könnten diese Bücher doch auch einfach mal Spaß machen.
    Aber deinen Beitrag find ich großartig, vielen Dank dafür ♥

    Liebste Grüße!
    Gabriela

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    1. Ahoi Gabriela,

      haha, wie schön, dass ich dich zum Lachen bringen konnte! Wenn schon Verriss, dann wenigstens unterhaltsam :D Und ja, echt schade, dass "seichte Lektüre" meist 0815 sein muss - warum kann ich nicht mal nen Buch zur Unterhaltung lesen, ohne genau die Geschichte schon in zig Versionen zu kennen; warum sind unkonventionelle Erzählungen "anspruchsvoller" oder düsterer Literatur vorbehalten?! Schadeschade!

      LG Ronja

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  3. Hach, liebe Ronja

    Ich liebe, liebe, liebe deine Verrisse soooo sehr :-D

    Die Cover der Reihe gefallen mir ehrlich gesagt sehr gut, aber trotzdem hat mich die Reihe bisher nie interessiert und ich werde auch weiterhin die Finger davon lassen.

    Alles Liebe an dich
    Livia

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    1. Ahoi liebe Livia,

      ach, das freut mich aber :D Ich glaube, das ist so ein guilty pleasure von uns Leseratten - Verrisse lesen. Ich hab da auch häufig richtig Freude dran #upps

      Jaja, lass davon mall die Finger. Gibt genug Griechische Mythologie-Adaptionen, die lohnenswert(er) sind ^^

      LG Ronja

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  4. Hallo Ronja,
    ich frage mich wirklich, warum sich solche Verrisse immer viel spannender und amüsanter lesen als Empfehlungen. Jedenfalls musste ich sehr schmunzeln bei deinen Beschreibungen. Oh, da hätte ich so viele Buchbeispiele mit anzufügen!
    Ich schätze, irgendwann übersteigt der eigene Anspruch (durch das Rezipieren anderer, vielleicht weniger naiver Literatur) die Angebote auf dem Markt bestimmter Genre, zum Beispiel eben dieses. Und dann entwächst man dem Genre wirklich. Fantasy hat eigentlich so viel Potenzial, einzigartig zu sein, aber wenn es dann irgendwie doch eher NA oder so in einer schlecht konzipierten Welt ist, dann...tja.
    Aber dadurch, dass die Bücher so viel Anklang finden, wissen wir ja, es gibt genügend junge (und bestimmt auch ältere) Menschen, die die Reihe gern lesen und mit dem zufrieden sind, was ihnen geboten wird.
    Liebe Grüße,
    Isa

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    1. Ahoi Isa,

      ja, irgendwas haben Verrisse einfach an sich, was sie so viel aufregender macht als begeisterte Berichte ^^ Wie schön, dass ich dich zum Schmunzeln bringen könnte und ja - leider. So sind viele Bücher bzw. ebenfalls ja - wenn man viel aus dem Genre gelesen hat, steigen die Ansprüche und vermeintlich "neue moves" sind irgendwann altbekannte Klischees. Es gibt immer noch und immer wieder Fantasybücher, die mich überzeugen und begeistern, aber es wird (leider?) weniger.

      Liebe Grüße und (etwas verspätet) ein frohes Neues!
      Ronja

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