Donnerstag, 13. Juni 2024

"Und was machst du da so an Bord?!" - Viele Schiffe im Mai. Ein Bericht.


Ahoi! Bereits im Monatsrückblick hatte ich grob davon berichtet, wie maritim mein Mai war - Hafengeburtstag in Hamburg, Schleppererfahrung und International Day for Women in Maritime in Bremen; euch aber auch einen genaueren Bericht versprochen, da ihr doch allerhand Fragen und allgemeines Interesse bekundet hattet 😊 Here we go!


Vom 9. bis 12. Mai wurde dieses Jahr wieder der Hamburger Hafengeburtstag gefeiert - mit Bootsparade, Feuerwerk und Musik, Schlepperballet, Drohnenshow und Jahrmarktsgetümmel an der Kaikante. Und ich mittendrin! Ich bin mittlerweile Freiwillige auf dem Museumsschiff Cap San Diego - wohlgemerkt das größte, noch schwimm- und fahrfähige Frachtmuseumsschiff der Welt! Donnerstag, Samstag und Sonntag haben wir achtstündige Fahrten mit jeweils etwa 500 Gästen unternommen; vom Kapitän zu den Menschen in der Maschine über uns an Deck - (fast) alles Freiwillige! Da ich noch recht neu dabei bin, habe ich vor allem beim An- und Ablegen sowie Festmachen der Schlepper mitgeholfen; andere haben auch gesteuert, Manöverbuch geschrieben oder eben die Maschine am Laufen gehalten. Großes Schiff, große Crew - gemeinsame Mahlzeiten, abends fand bei uns an Bord auch Disko mit etwa 1000 Gästen statt und das Schlafen in den ehemaligen Besatzungskammern... auf Schiffen komme ich ja immer direkt in so eine "Bootsbubble", in der ich das Leben jenseits meines schwimmenden Zuhauses fast vollständig vergesse, richtig loslassen kann und einfach im Bordalltag aufgehe ♥ Ich hatte die Tage super viel Spaß; bei den Fahrten, abends beim Tanzen und Zusammensitzen und vor allem mit den anderen Freiwilligen! Und ganz ehrlich - an Land war mir viiiiel zu viel Getümmel; die ganzen Shows von Bord aus zu gucken, fühlt sich nicht nur genial exklusiv an, sondern ist auch viel entspannter. Okay, Scooter und die Musicalmusik konnten wir mehr erahnen als hören, aber Schlepperballet, Feuerwerk und Drohnenshow - da hatten wir auf Brücke echt den besten Aussichtsplatz!


Den Freitag hatten wir dann frei - und ich eine Freundin auf der Eye of the Wind, einer wunderschönen Brigg. Da bin ich während der HanseSail schon mal mitgesegelt und konnte nun auch in Hamburg einen Törn dabeisein; es war so schön, mal wieder Segel zu setzen 😍 Ich lieb´s ja auch, wie das in der Segelwelt immer so ist - vorbeikommen, mitanpacken, dazugehören. Kaum an Bord schon ein altes Crewshirt bekommen und den Staubsauger in der Hand gehabt; nach dem Törn dann aber auch gemeinsam Eisessen gegangen. Hallo zukünftiges Leben!



Am Montag Morgen kam dann noch Schiff 3 in fünf Tagen hinzu - das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hatte die Nautik- und Maschinenstudierenden aus Warnemünde, Flensburg, Leer, Elsfleth und Bremen auf eine Fahrt von Hamburg nach Cuxhaven eingeladen, um ihr neues Forschungsschiff Atair und sich als Arbeitgeber vorzustellen. War auch echt interessant; so viel Technik einfach! Ich würde Forschungsfahrt gerne mal ausprobieren; merk ich mir auf jeden Fall für die Zeit nach dem Abschluss mal vor... Ins Eis muss ich ja nicht so, aber schön im Pazifik Hochseeforschung fahren; das kann ich mir echt vorstellen!


Und weil das alles noch nicht genug Bootszeit war, ging´s am Mittwoch spontan für vier Tage auf einen Schlepper, der hier in Warnemünde in der Werft lag. Dort war ich als Decksfrau - hauptsächlich Instandhaltungsmaßnahmen wie Entrosten und Malen. In der letzten Nacht hatten wir dann aber doch noch einen Auftrag und sind morgens bei pastelligem Himmel quasi in den Sonnenaufgang gefahren, um mit drei anderen Schleppern einen Tanker an die Pier zu bringen - ich fand es so spannend, mal die Perspektive zu wechseln; sonst habe ich ja bisher "runtergeguckt" und jetzt mal den ganzen Funk "von unten" mitzuhören und dem Schlepperkapitän beim Manövrieren zuzuschauen, war eine bereichernde Erfahrung. Danach durfte ich auch einfach bis kurz vor unserem Liegeplatz fahren - so ein Schlepper hat Fahrstände vorn und achtern und das ist ein total skurriles Gefühl, mit dem Blick nach achtern "vorwärts" zu fahren! Gegen 0600 Uhr fest, schönes Frühstück, nochmal hinlegen und gegen Mittag war meine Zeit an Bord auch schon wieder vorbei - meinerseits definitiv nicht das letzte Mal und beim nächsten Mal dann auch mehr mit Leinen und Schleppgeschirr.


An Bord des Segelschiffs Alexander von Humboldt war ich Ende des Monats dann auch kurz - interessanter als das Hotel-, Gastronomie- und Eventschiff war aber die Veranstaltung anlässlich des International Day for Women in Maritime, der dieses Jahr zum dritten Mal stattfand und unter dem Motto "Safe horizons: Frauen gestalten die Zukunft der maritimen Sicherheit" Frauen aus allen Bereichen der Seefahrt zusammenbrachte; egal ob an Land, auf See, Nautik oder Technik. Ich finde es super wichtig, dass es diesen von der IMO ausgerufenen Tag mittlerweile gibt und würde mir noch mehr solcher Austausch- und Netzwerkevents wünschen. Nach einer Führung durch die Seefahrtshochschule in Bremen gab es ein paar kurze Vorträge, einen Workshop, eine Führung durch das Rathaus und anschließend der gemütliche Abschluss bei Grill und Getränken an der Alex.

Allerhand, oder? Ich hatte im Mai auf jeden Fall super viel Spaß und hoffe, ihr fandet diesen kleinen Einblick interessant 😊 Und Mitte Juli geht es ja dann auch schon wieder an Bord - auf meiner geliebten Pelican of London nach Schottland und Irland! ♥ Falls ihr noch Fragen habt, lasst es mich gerne wissen und auch sonst freue ich mich natürlich über eure Kommentare und Rückmeldungen - manches ist für mich (mittlerweile) so alltäglich, dass ich gar nicht bemerke, wie interessant/unverständlich/aufregend das für Andere ist 😅

11 Kommentare:

  1. Liebe Ronja,

    vielen lieben Dank für diesen interessanten, maritimen Einblick!

    So als Landratte hat man ja wirklich gar keine Ahnung was an Board von Schiffen abgeht und was du so alles abwechslungsreiches erlebst und tun musst, wenn du an Board gehst. Ehrlich gesagt, hat dein Beitrag heute wirklich Lust gemacht, so etwas mal selbst zu erleben - wenn das sicherlich so auch nicht geht, mit null Erfahrung. xD Nicht, dass wir dann an irgendeiner Eisscholle enden... xD

    Magst du irgendwann mal erzählen, wie du zu deinem Berufswunsch und der Ausbildung gekommen bist? Ich hätte damals nach dem Abi überhaupt nicht gewusst, dass es so etwas gibt. Oder falls es so einen Beitrag schon gibt, gerne einfach verlinken. :)

    Liebe Grüße,
    Sandra

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    1. Ahoi Sandra und wie schön, dass du reingelesen hast :)
      Sollte es dich irgendwann und irgendwo mal auf ein Boot treiben - keine Sorge vor den Eisbergen; den absoluten Neulingen wird ja nicht gleich die Gesamtverantwortung übertragen ;) Einfach wagen. Ich kann nur sagen: Beste Erfahrung ever ♥

      Tatsächlich ist das im Nachhinein recht lustig - mein Vater war ja Seefahrer und mein erster Berufswunsch Piratin - bis ich enttäuscht feststellen musste, dass das kein Job ist, als weiblicher Robin Hood der Meere in nem Holzdreimaste rüber die Meere zu segeln. In der Neunten kristallisierte sich dann raus, dass ich Diplomatin werden will und ich hab auch meinen Politikbachelor gemacht - in der Zeit war ich dann sechs Monate auf einem Großsegler (wenn dich das interessiert, schau mal hier); das hatte null mit Studium oder so zu tun. Und ich hab mich verliebt. In die Seefahrt. And here I go. Long game hat mein Vater ganz klar gewonnen, haha.

      LG Ronja

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  2. Hallo Ronja,

    vielen Dank für die tollen Einblicke. Das klingt wirklich außergewöhnlich und ich kann Sandra da nur recht geben, irgendwie bekommt man da auch Lust, sowas mal selbst auszurpobieren :D Ich hab schon ein paar Berichte von sowas gehört, da meine Schwester mal ein paar Jahre auf einem Schiff als Köchin/Konditorin war. Damals war ich aber leider noch zu jung um sie zu besuchen.

    Ja, so stelle ich mir den Hafengeburtstag toll vor. Was heißt in den ehemaligen Besatzungskammern schlafen? In Hängematten zu 30. in einem Raum, wie man das von Piraten-Filmen so kennt? :D

    Ja, Forschungsfahrten klingen auch interessant, vor allem, wenn die nicht nur ins Eis gehen :D Das wär auch nichts für mich, wenn es dauernt so kalt ist :D

    Ich bin gespannt, wo dein Weg dich noch überall hinführt und fände es auch interessant, zu erfahren, wie du überhaupt dazu gekommen bist.

    Liebe Grüße,
    Steffi vom Lesezauber

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    1. Ahoi Steffi und oh, das war bestimmt auch eine besondere Erfahrung für deine Schwester als Konditorin auf See ♥

      Ehemalige Besatzungskammern hieß für einen Teil von uns kleine Doppelkammern (ich war zum Beispiel mit einer Anderen zusammen in der des damaligen Stewards), die sonst für das Museum auch geöffnet und zugänglich sind. Weil wir doch recht viele waren, waren aber auch manche in nem Gemeinschaftssaal in einem der ehemaligen Laderäume auf Feldbetten. Es gibt tatsächlich auch Hängematten, aber Betten haben diesmal ausgereicht :D

      Wie ich zur Seefahrt gekommen bin, das ist tatsächlich im Nachhinein recht lustig - mein Vater war ja Seefahrer und mein erster Berufswunsch Piratin - bis ich enttäuscht feststellen musste, dass das kein Job ist, als weiblicher Robin Hood der Meere in nem Holzdreimaste rüber die Meere zu segeln. In der Neunten kristallisierte sich dann raus, dass ich Diplomatin werden will und ich hab auch meinen Politikbachelor gemacht - in der Zeit war ich dann sechs Monate auf einem Großsegler (wenn dich das interessiert, schau mal hier); das hatte null mit Studium oder so zu tun. Und ich hab mich verliebt. In die Seefahrt. And here I go. Long game hat mein Vater ganz klar gewonnen, haha.

      Sonnige Grüße
      Ronja

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  3. Hallo liebe Ronja!

    Heute finde ich auch endlich Zeit, deinen Beitrag in Ruhe zu lesen und zu kommentieren.
    Man hat ja im Monatsrückblick schon gesehen, dass du auf einigen Schiffen unterwegs warst und ich danke dir sehr für deine Einblicke und vor allem auch deine tollen Fotos! Man spürt richtig deine Begeisterung und ich freu mich so für dich, dass du hier deine Berufung gefunden hast!

    Beim "Segelsetzen" und wie schön das war, das kann ich mir gut vorstellen. Als Kind hab ich schon Segelschiffe (und Piraten) geliebt *lach* Alleine das Anschauen so großer Schiffe mit der ganzen Takelage (die Seile und so - das heißt ja so oder?) und den Segeln, das wirkt einfach sehr majestätisch!

    Hochseeforschung - ja das klingt natürlich spannend. Was wird denn da gemacht??? Kannst du da was dazu sagen? Das würde mich interessieren :)

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Ahoi liebe Aleshanee und wie schön, dass du Zeit findest, vorbeizuschauen ♥

      Und ja, Takelage; ganz große Liebe!
      Also es gibt ja zum Beispiel die Polarstern (die, die sich im Eis hat einfrieren & treiben lassen) und eben noch andere Forschungsschiffe vom Bund. Das BSH (Bundesamt für Seeschifffahrt & Hydrographie) hat auch Einsatzschiffe, die zum Beispiel die Nord- & Ostsee kartieren, Wracks und Untiefen vermessen etc. - ganz banal fahren die halt hin und her und vermessen mit ganz viel beeindruckender Technik, um die Karten up to date zu halten. Da sind dann oft auch Wissenschaftsteams dabei, die alles mögliche untersuchen. Ich als Nautikerin hätte damit weniger zu tun, sondern wäre bisschen wie Taxifahrerin für die. Aber man bekommt ja trotzdem einiges mit und kann mit denen schnacken und es wäre halt nicht dieser Stress mit Ladung/Passagieren und nem fixen Fahrplan, sondern der Sinn des Fahrens ist das Fahren selbst, weil auf See geforscht wird. Hab ich das grad logisch erklärt?

      LG Ronja

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    2. Ja, das hast du sehr schön erklärt! Das fände ich zum Beispiel sehr interessant! Nicht jetzt unbedingt das Vermessen / Kartieren, aber die Veränderungen zu sehen und zu vergleichen mit den vorherigen Daten - ich stelle mir das schon spannend vor, was sich da alles so tut. Man denkt ja (also ich zumindest) so ganz banal, dass sich da nicht wirklich viel ändert, aber es scheint sich ja doch viel zu tun.
      Also Änderungen gibt es ja viele, aber eher die offensichtlichen; zwecks Umwelt, Überfischung, dass die Meeresböden durch bestimmte Fangtechniken kaputt gehen etc. Aber ich kann mir vorstellen, dass bei solchen Fahrten viel anderes entdeckt wird!

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    3. Genau, also die Atair zum Beispiel, auf der ich ja war, fährt da halt in Nord- & Ostsee rum und auch immer wieder zu bekannten Wracks, weil die sich eben doch bewegen bzw der Meeresboden dynamischer ist, als qir denken und da das viel befahrenes Gebiet ist, ist es schon wichtig, ob über einem Wrack 100, 50, 20 oder nur noch 11m Wassersäule sind und die meinten auch, dass sie da schon viel verändern - habe ich zum Beispiel beim Kartenkorrigieren auch gemerkt; da gibts wöchentliche Updates und auch wenn natürlich nicht jede Karte jede Woche dran ist, passiert gerade bei den Untiefen und Kabeln und Windparks echt viel! Die auf der Atair meinten auch, dass so spektakuläre Funde natürlich selten sind, aber passieren tun sie doch - und das ist natürlich dann schon cool!

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  4. Schönen guten Morgen!

    Deinen tollen Beitrag hab ich heute natürlich gerne in meiner Stöberrunde verlinkt! :D

    Liebste Grüße, Aleshanee

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  5. Hallo liebe Ronja,
    man merkt deinem Beitrag richtig an, wie sehr du auf dem Meer aufblühst und wie sehr dir das Leben auf dem Schiff liebst.

    Im Laufe der Jahre habe ich gemerkt, wie es mich immer mehr in Richtung Meer zieht. Auch die Berge liebe ich. Aber das Meer ist noch näher bei uns dran. Man kommt dort einfach so richtig schön zur Ruhe. Es ist dieses ganz bestimmte Gefühl, wenn man sich dort befindet. Eines, was sich nur schwer mit Worten beschreiben lässt.

    Es freut mich, dass du im Mai dieser Leidenschaft in vollen Zügen nachgehen konntest. Du hast so schöne Momente genossen und zeigst hier richtig schöne Bilder. Vielen Dank dafür!

    Ich wünsche dir einen schönen Start in den Juli und hoffe, dass der neue Monat dir wieder wunderschöne Erlebnisse beschert. <3

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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Lass´ mir doch einen Kommentar da! Ich würde mich über deinen Landgang sehr freuen :)