Elian und Lira - Das wilde Herz der See || Alexandra Christo || dtv || Fantasy || HC || 384 Seiten || 1/1
Lira ist die Tochter der Meereskönigin. Jahr für Jahr ist sie dazu verdammt, einem Prinzen das Herz zu rauben. Doch dann begeht sie einen Fehler und ihre Mutter verwandelt sie zur Strafe in die Kreatur, die sie am meisten verabscheut – einen Menschen. Und sie stellt Lira ein Ultimatum: Bring mir das Herz von Prinz Elian oder bleib für immer ein Mensch. Elian ist der Thronerbe eines mächtigen Königreichs. Doch das Meer ist der einzige Ort, an dem er sich wirklich zu Hause fühlt. Er macht Jagd auf Sirenen, vor allem auf die eine, die so vielen Prinzen bereits das Leben genommen hat. Als er eines Tages eine junge Frau aus dem Ozean fischt, ahnt er zunächst nicht, wen er da an Bord geholt hat. Bald wird aus Misstrauen jedoch Leidenschaft und das Unerwartete geschieht – die beiden verlieben sich ineinander.
Oh! Mein Gott! Da hätte ich ja fast eines meiner Jahreshighlights verpasst o.O Ich hatte nämlich gar nicht vor, dieses Buch zu lesen, weil Cover und Titel eine weitere seichte, stereotype Fantasylovestory versprachen. Dann habe ich aber rausgefunden, dass dieses Buch die Übersetzung von To kill a Kingdom ist, weshalb ich doch noch zugegriffen habe. Glücklicherweise! Denn es gibt für mich soooo viele Gründe, Das wilde Herz der See zu lieben!!!
#1 THEMATIK
Ich meine halloooo?! Piraten? Schiffe? Sirenen? Ich bin dabei!!! Nicht nur, weil maritimes perfekt meinem Blog passt und ich demnächst viel Zeit auf einem Schiff verbringen werde, sondern weil Piraten seit jeher mein Herz höher schlagen lassen. Jedes Jahr an Fasching: Weibliche Hälfte der Klasse in pink, lila und Glitzer als Prinzessinnen und Feen. Und dazwischen: Ein Pirat mit aufgemalter Narbe und Bart, Holzschwert an der Hüfte und Augenklappe. Hohoho und ´ne Buddel voll Rum. Überhaupt, Piraten- und Abenteuerbücher gehörten auch zu meinen ersten Geschichten - haben mir meine Eltern doch häufig Bücher wie Die Schatzinsel, Robinson Crusoe oder Sein Freund, der Seefahrer vorgelesen.
»In den Abgründen unserer Seelen – vorausgesetzt, ich besitze eine – sind Elian und ich gar nicht so verschieden. Zwei Königreiche erlegen uns beiden Verantwortung auf, der wir uns nicht gewachsen fühlen. Wir sind gefesselt: er an ein Land und ein vorgezeichnetes Leben, ich an das mörderische Erbe meine Mutter. Und beide vernehmen wir den Lockruf des Ozeans. Es ist ein Lied von Freiheit und Sehnsucht.«
Und BAMM, ich liebe, wie Alexandra Christo ihre Meeresthematik umgesetzt hat - sowohl die Unterwasserbeschreibungen, das Gefühl der Freiheit und Wildheit auf See, die Verbundenheit Elians zu seinem Schiff der Saad, die erschreckenden und beruhigenden Seiten des Meeres, die Verwegenheit und Kameradschaft der Seeleute... einfach grandios! Ich hatte das Fluch der Karibik-Gefühl; ich konnte das Schwanken des Bootes, das Rauschen des Meeres und das Spritzen der Gischt fast schon spüren.
#2 SCHREIBSTIL
Ich habe beim Lesen gar nicht bemerkt, wie die Zeit verstrich - so lullte mich die Autorin mit ihren Worten ein; betörte, wie eine Sirene ihre Opfer mit ihrem Gesang. Während Alexandra Christo wunderbar bildlich schreibt - Situationen so schildert, dass ich als Leserin meinte, dabei zu sein - ist sie dabei dennoch nicht zu ausschweifend; es bleibt stets spannend und handlungsreich. Selbst beim Ende, das voller Kampf, Aktion und Ereignisse ist, überstürzt sie sich nicht, sodass es mich nicht überrollte. Großartig umgesetzt war auch das langsame Erklären - nach und nach lüftete die Autorin die Geheimnisse ihrer geschaffenen Welt, sodass es nie ellenlange Absätze voller Erläuterungen gab.
#3 WORLDBUILDING
Diese Erklärungen führen mich auch schon zum nächsten Punkt: Dem Worldbuilding. Für das verdient sich die Autorin meinen tiefsten Respekt und Begeisterung pur. Endlich mal eine Fantasygeschichte, die mir die fiktive nicht einfach vor die Nase setzt oder 200 beschreibende Seiten benötigt, um sie darzustellen. Stattdessen lernt man einige der 100 Königreiche, sowie die Unterwasserwelt zusammen mit Lira und Elian Stück für Stück kennen. Und wie facettenreich und faszinierend ist diese Welt! Mythologie und Fantasie fließen hier zusammen in Länder voller Eis oder Gold, Lügen und Dieben oder Liebe und Süßigkeiten, voller Erfindungen und Technik oder Grausamkeit und Sirenenzischen. Besonderes Ketos Reich ist Alexandra Christo gelungen - wovon Sirenen sich ernähren, wie sie sich "kleiden", wie sie aussehen und sich erkennen, welche Sprache sie sprechen, wie ihre Hierarchie aufgebaut ist, wie sie sich fortpflanzen... an alles hat die Autorin gedacht!
Nur zwei kleine Fragen bleiben für mich offen: Bekommen Sirenen nur weiblichen Nachwuchs oder sind die männlichen Babys einfach Nixenmänner? Und wie genau wird eine Sirene Königin bzw, verwandelt sich? Durch das Besitzen des Dreizacks?
#4 ATMOSPHÄRE
Ich kann es gar nicht fassen, wie grandios es der Autorin gelungen ist, jedem Land eine einzigartige Ausstrahlung zu verpassen - Licht und Gold, Liebe und süßlich klebrige Luft, rau und voller Gier und List, eiskalt und gefährlich, erschreckend und gefühlskalt...
»Als er weg ist, überlege ich, ob das schrecklich wäre oder schön. Wäre es denn so schlimm, Teil einer Geschichte zu werden, die man Kindern beim Einschlafen zuraunt? Ein Lied, das sie einander beim Spielen vorsingen. Ein weiteres Kapitel der midasanischen Legenden: goldenes Blut und ein Prinz, der über die Meere segelt auf der Suche nach einem Ungeheuer, das die ganze Welt bedroht.«
Gleichzeitig zieht sich durch das ganze Buch dieses Gefühl von Bedrohung und Kampf, von Blut, Tod und Verzweiflung. Denn Lira und Elian, beide haben schon getötet. Aus unterschiedlich Motiven und mit verschiedener Grausamkeit, und doch. Das Buch hat einfach die perfekte Atmosphäre für mich - düster, aber nicht immer, voller unterhaltsamer Schlagabtäusche und mit einer stetigen, unguten Vorahnung...
»Als er weg ist, überlege ich, ob das schrecklich wäre oder schön. Wäre es denn so schlimm, Teil einer Geschichte zu werden, die man Kindern beim Einschlafen zuraunt? Ein Lied, das sie einander beim Spielen vorsingen. Ein weiteres Kapitel der midasanischen Legenden: goldenes Blut und ein Prinz, der über die Meere segelt auf der Suche nach einem Ungeheuer, das die ganze Welt bedroht.«
Gleichzeitig zieht sich durch das ganze Buch dieses Gefühl von Bedrohung und Kampf, von Blut, Tod und Verzweiflung. Denn Lira und Elian, beide haben schon getötet. Aus unterschiedlich Motiven und mit verschiedener Grausamkeit, und doch. Das Buch hat einfach die perfekte Atmosphäre für mich - düster, aber nicht immer, voller unterhaltsamer Schlagabtäusche und mit einer stetigen, unguten Vorahnung...
#5 CHARAKTERE
Waaaaah, ich will nicht, dass die Reise mit Lira, Elian und seiner Crew bereits beendet ist! Lira, die scheinbar herzlose Sirene und Mörderin, voller Stärke und Mut und Selbstbewusstsein, mit ihrer spitzen Zunge, ihrer Schlagfertigkeit und ihrem ungezügelte Temperament. Elian, ein wahrer Pirat - so treu und gutherzig und gleichzeitig unerbittlich und unerschrocken. Kye und Madrid, dieses geniale Gespann, deren Geplänkel und Schäkern Auflockerung brachte. Sakura, die unberechenbare, eiskalte Frau, der man niemals den Rücken zudrehen sollte... Elians Mannschaft und die meisten Sirenen blieben zwar ein Kollektiv im Hintergrund, aber die wichtigen Haupt- und Nebenfiguren waren so vielschichtig und greifbar. Eben mit Ecken und Kanten. Yaaaaaass!!!
#6 LIEBESGESCHICHTE
Ich liebeliebeLIEBE es, wie sich die Liebesgeschichte entwickelnd. Langsam, betörend, zwischen den Zeilen. Keine Instalove, kein Rumgeturtel, kein Hin-und-her, keine Zweifel, keine inneren Monologe. Nein, die Handlung steht absolut im Vordergrund und nur zwischen den Zeilen, im Laufe der Zeit, wird aus Misstrauen Vertrauen, bekommt "zufälliges" gegenseitiges Retten eine Bedeutung und keimt langsam ein gegenseitiges Gefühl. Elian und Lira wachsen beide über sich hinaus, ohne dabei ihren Charakter zu verlieren oder sich füreinander zu verbiegen. Am Ende gibt keiner seinen Traum für den anderen auf. Wer also auf Grund des Cover und/ oder des Klappentexts auf eine im Vordergrund stehende Liebesgeschichte hofft, ist hier falsch. Kussszenen gibt es nur wenige und die auch erst gegen Ende - stattdessen kann man als Leser förmlich dabei zusehen, wie eine wundervolle Verbindung entsteht (und dabei die grandiosen Schlagabtäusche und Neckereien beobachten). Das einzige, was mich etwas wehmütig zurücklässt: Elian altert doch weiterhin, während Lira das nur verringert tut...?
#7 FRAUEN & MÄNNER
Bereits zu Anfang habe ich wohlwollend bemerkt, wie sich die Autorin geschlechtsspezifischen Stereotypen widersetzt. Sirenen töten nicht nur Männer, an Bord eines Schiffes befinden sich nicht nur Seemänner*, in den Spelunken trinken und prügeln sich Männer und Frauen und dann: Eine Königin heiratet. Eine Frau. Wird erwähnt, findet statt. Aber kein "oh wie ungewöhnlich" oder "naja, in dem Land geht das halt, total fortschrittlich". Es ist GANZ NORMAL. So wie es sein sollte. Ich bin begeistert!
* In Elians Rumpfmannschaft ist mit Madrid zwar nur eine Frau, ihr Kommentar gegenüber Lira lässt aber mehr als nur vermuten, dass in der kompletten Besatzung mehr Frauen mitfahren.
... noch ein paar Worte zu Gestaltung und Titel:
[2/5] Um mit dem Positiven anzufangen: Der Rücken des Buches ist ein echter Hingucker im Regal und auch die glitzernden Wellenornamente gefallen mir. Ganz furchtbar hingegen finde ich das Gesicht. Nicht nur passt es sich meiner Meinung nach nicht in das restliche Cover ein - es entspricht auch überhaupt nicht meiner Vorstellung von Lira, weil das Mädel irgendwie nicht die Taffheit ausstrahlt, die Lira hat. Und so sieht das Buch nach einer fluffigen und süßen Geschichte aus - die sie nicht ist. Ähnliches Problem beim Titel: "Elian und Lira" das verspricht eine Liebesgeschichte. To kill a Kingdom hingegen klingt episch.
VIELEN DANK AN DEN DTVVERLAG FÜR DAS REZENSIONSEXEMPLAR
Wild, grausam und betörend wie das Meer - ein grandioser Buch, das mich mit seiner Atmosphäre, seinen Charakteren, seiner Atmosphäre und seiner Handlung vollauf begeistert. Man sollte sich von Cover, Titel und Klappentext allerdings nicht in die Irre führen lassen - dies ist keine seichte Fantasylovestory, sondern düster und handlungsreich.
kämpferisch ~ betörend ~ düster
Ist es euch auch schon mal aufgefallen, dass bei einer Übersetzung neues Cover/ neuer Titel andere Erwartungen wecken, als das Buch dann tatsächlich erfüllt bzw. als in der Originalsprache verkündet? Was haltet ihr vom Cover diesen Buches? Und könnt ihr mir (gerne düstere) Sirenen-/ Nixengeschichten empfehlen?
Hey Ronja,
AntwortenLöschenvielen Dank für diese wundervolle Rezi, die mir aus der Seele spricht! Ich fand diese Geschichte auch wirklich wundervoll - und konnte über das deutsche Cover nur den Kopf schütteln. Das Original ist wirklich eine Augenweide und passt thematisch perfekt, da ist die dtv-Version mit dem großen Gesicht, dem Glitzer und dem verfälschten Titel nur ein trauriger Vergleich.
Übrigens: Ich habe gerade gesehen, dass du meinen Blog unter "Lieblingshäfen" verlinkt hast!!! Wie geil ist das denn?!? Ich habe mich mega gefreut, VIELEN DANK!!! <3
Alles Liebe
Sophia
PS: Eine spannende Nixen-/Meeresgeschichte, die ich nur empfehlen kann ist "Meeresflüstern" von Patricia Schröder ;-)
Ahoi Sophia,
Löschendanke für deinen Besuch & lieben Kommentar!
Und gerne für die Verlinkung ;)
Meeresflüstern, davon habe ich schon Mal was gehört... ist das so eine Trilogie mit Mädchengesichtnahaufnahme, wo die Wimpern glitzern?
Liebe Grüße
Ronja