Kim und Audrey stehen sich auf der RaChas Demonstration gegenüber und Audreys Blick ruht auf Kims Armband. Das gleiche Armband, das sie Drew geschenkt hat und dann bei Oryon gefunden hat. Der Moment der Wahrheit ist gekommen und Kim will sich nicht länger verstecken. Sie erzählt Audrey alles. Wie wird sie reagieren? Ist ihre Liebe stark genug, um diese Wahrheit zu verkraften? Gleichzeitig wartet seine letzte Identität auf Kim. Kyle, ein gutaussehender Mädchenschwarm. Und eine Frage rückt unaufhaltsam näher: Für welche Identität wird er sich entscheiden?
Nachdem ich nun doch viel länger als erwartet auf dieses Buch warten musste und die Hoffnung auf eine Veröffentlichung beinahe schon aufgegeben habe, war es dann doch so weit: Teil 4 der Changers-Reihe lag in meinem Briefkasten. Konnte dieser Abschlussband meine (hohen) Erwartungen erfüllen?
JA! Der Grund, weshalb ich diese Reihe unglaublich gerne mag und sie immer wieder empfehle, liegt in ihrer (meiner Meinung nach großartig umgesetzten) Intention: Aufzuzeigen, wie sinnlos und verletzend sämtliche Ismen, seien es Rassismus, Sexismus oder auch Homophobie, sind. Diversität wird hier großgeschrieben!
»Die Welt ist grausam«, sagte sie dann. »Es sollte keine Rolle
spielen, was du bist oder nicht bist. [...] Irgendwie scheint es einen festen
Grundwert an Hass zu geben, so wie der Meeresspiegel, und es wird immer eine
gewisse Menge zur Verfügung stehen, die man über bestimmten Leuten ausschütten
kann. Die Geschichtsbücher sind schließlich voll von Hass.«
Natürlich ist das Grundkonzept, dass es Menschen gibt, die vier Jahre lang am ersten Highschool-Tag in einem neuen Körper aufwachen und sich am Ende dieser Zeit für eine ihrer erlebten Identitäten entscheiden, ihren "Ursprungskörper" dabei aber nicht wieder zurückbekommen, unrealistisch. In einem Fantasybuch - okay. Aber bei einem Comtemporary/ Jugendbuch? Egal! Darum geht es letztlich in der Reihe nur am Rande, weshalb es auch verzeihlich ist, dass die Autoren diesbezüglich kein perfektes Worldbuilding betreiben. Viel relevanter ist die reale Welt, dass was Drew, Oryon, Kim und Kyle und so vielen anderen Menschen dort draußen täglich passiert. Von den banalen Alltäglichkeiten, kleinen Verletzungen und Widrigkeiten bis hin zu den ganz großen Gefühlen und Fragen des Lebens.
Ich finde es beeindruckend, wie es dem Autorenduo gelungen ist, jede der vier Lebensrealitäten, genannt V´s, zu illustrieren. Ich hatte nie das Gefühl, von Außen berichtet zu bekommen, sondern tatsächlich mit den Augen von Ethans Identitäten, in diesem Buch Kim und Kyle, wahrzunehmen. Schon erstaunlich, wie unterschiedlich Probleme und Herausforderungen abhängig von Aussehen/ Körper erlebt werden, obwohl sich ja "nur" die Hülle verändert hat. Wie verschieden Kim und Kyle behandelt wurden - obwohl es derselbe Mensch ist! Ich denke, dass ist eine wunderbare Lektion, großartiger Stoff zum Grübeln - Was macht einen Menschen eigentlich aus? Und welche Vorurteile bzw. vorschnelle Urteile bilden wir eigentlich, selbst wenn wir das nicht wollen?
Weiterhin meistern die Autoren den Spagat zwischen jugendlicher Leichtigkeit und Sensibilität ob der ernsten Thematiken grandios. Einerseits ist das Buch, die ganze Reihe, schnell und angenehm lesbar, da jugendlich geschrieben und oftmals auf Grund von Situationskomik witzig, andererseits wird dem Leser das Mit- und Nachdenken nicht abgenommen, aber eben auch nicht mit erhobenem Zeigefinger etwas eingetrichtert. Ich glaube nicht, dass man diese Bücher einfach nur so lesen kann, ohne sich Gedanken zu machen - und das obwohl sie von Schreibstil und Sprache leichte Lektüre sind.
»Fakt ist: Nichts im Universum ist überflüssig«, sagt sie. »Stell
es dir vor wie eine riesige Maschine, die das Leben am Laufen hält. Jedes Teil
hat seinen Platz und seine Aufgabe. Manche sind Pumpen, andere sind Riemen,
wieder andere Muttern oder Schrauben, die alles zusammenhalten. Manche sind der
Treibstoff, der durch das System fließt und dafür sorgt, dass alle Teile
funktionieren.«
Mit dem Ausgang der Geschichte bin ich zufrieden und nicht. Die Spannung wurde bis zum Letzten aufrecht erhalten und ich kann nicht behaupten, die Entscheidung gewusst zu haben. Für jede und gegen jede V sprach eben etwas und jede Entscheidung hätte begründet werden können, sodass man ihr zustimmt. Die getroffene Wahl empfand ich als reflexiv und stimmig. Zugleich war das Ende aber auch überraschend abrupt, viele Handlungsfäden bleiben unverwoben, einige Fragen offen. Gerade was (Neben-)Charaktere betrifft, die ich ins Herz geschlossen hatte. Andererseits ist diese Reihe eben auch keine "normale" Geschichte, es geht viel mehr um die allgemeinen Erlebnisse und Erfahrungen, als um die spezifischen, personengebundenen... Ein Kapitel mehr mit Antworten und Erklärungen, das wäre mein I-Tüpfelchen gewesen!
... noch ein paar Worte zu Gestaltung und Titel:
[4/5] Das Cover sagt mir weiterhin zu; ich mag sowohl die Farbe(n), als auch den Fakt, dass die Gesichter unerkannt bleiben, die Schatten der Vorstellungskraft aber immer eine grobe Richtung vorgeben. Die Innengestaltung bleibt schlicht und frisch und der Titel könnte zwar knapper, aber auch treffender kaum sein.
VIELEN DANK AN DEN KOSMOS VERLAG FÜR DAS REZENSIONSEXEMPLAR
Auch dieser letzte Band brachte mich wieder zum Grübeln und Reflektieren, behielt dabei dennoch seine jugendliche Leichtigkeit und seine Situationskomik, sowie den grandiosen Umgang mit so sensiblen Themen wie Sexualität, Rassismus und Vorurteilen!
dynamisch ~ reflexiv ~ ungewöhnlich
Vorweg: Hier für alle, die es interessiert noch ein kurzes Interview mit den Autoren. Ansonsten: Habt ihr diese Reihe schon gelesen? Wenn ja, hat sie euch auch so zum Nachdenken und Reflektieren gebracht? Für welche V hättet ihr euch entschieden - Drew, Oryon, Kim oder Kyle? Und welche hättet ihr euch von Ethan gewünscht? Welche (Jugend-)Bücher thematisieren ebenfalls gesellschaftlich relevante und sensible Themen?
Hallo Mary,
AntwortenLöschenirgendwie ist es interessant, aber auch irgendwie unheimlich in welche Person/Rasse eine Verwandlung von Jahr zu Jahr möglich war.
Also ich weiß nicht, ob ich wirklich damit klar käme...
Trotzdem war es lesemäßig eine interessante Erfahrung und regt zum Nachdenken an.
Ebenso geht es mir mit den Romanen von Neal Shusterman...egal nun, ob "Vollendet"
Thematik darf man wenn man als Eltern/Gesellschaft mit seinem Kind/Entwicklung nicht zufrieden es ....das Kind in seine Bestandteile zerlegen oder anderster frei geben zur allgemeinen Organspende.....
Oder... der Hüter des Todes...es gibt zu viele Menschen auf der Welt,also werden Menschen einfach durch bestimmte Menschen getötet. Weil auch niemand mehr stirb...
Zwei Thematiken die auch in unserer Zeit von großer Bedeutung ist....und jeder fragt sich was könnte man tun.....
LG..Karin..
Ahoi Karin,
Löschenich bin auch ganz froh, dass es Changers in echt nicht gibt, aber genau wie du sagst - klasse Gedankenexperiment!
Das klingt ja gruselig, mit dem Zerlegen o.O Erinnert mich ein wenig an die Gelöscht-Trilogie von Teri Terry, da werden die Erinnerungen von "Problemkindern" gelöscht ^^
Sonnige Grüße,
Mary <3
Hey Mary =)
AntwortenLöschenFreut mich, dass dir Band 4 auch gefiel!
Bei mir muss ich auch noch Band 3 lesen, aber die Reihe ist wirklich auch so schön wirklich nicht von schlechten Eltern und das Prinzip ist einfach sehr interessant.
LG <3
Anna
Ahoi Anna,
Löschenna dann ganz viel Spaß noch ;) Band 3 ist durch deutlich mehr Schwierigkeiten als 1+2 gekennzeichnet und Kims Perspektive geht auch in Band 4 noch weiter.
Alles Liebe,
Mary <3