Ahoi! Lange Zeit beschränkte sich meine Aussagefähigkeit über Seepferdchen auf „die sehen niedlich aus“, „die Männchen bekommen bei denen die Kinder“ und „für das Schwimmabzeichen musste ich damals ganz schön strampeln“. Kein Ruhmesblatt also. Da bot dieses Buch die perfekte Gelegenheit, mich mal näher mit diesen Tierchen auseinander zu setzen. And what can I say?! Ich habe eine Menge lernen können! Ihr habt es euch gewünscht - und sollt es auch bekommen; hier sind ein paar der Erkenntnisse, die ich generieren konnte.
Seepferdchen sind wahrlich interessante Tiere! Allein das mit der männlichen Schwangerschaft ist im Detail noch viel verblüffender - Partnerschaft, Balz, Paarung und Geburt sind in diesem Buch zwei Kapitel gewidmet, die ich ausgesprochen faszinierend fand. Einerseits sind die meisten Seepferdchenarten lebenslang treu (vermutlich aber auch aus Mangel an Alternative) und "tanzen" förmlich miteinander; nicht nur bei der ersten Werbung sondern regelmäßig - andererseits verbringen sie auch einen Großteil ihrer Zeit getrennt; kommen jedoch fast täglich für "Begrüßung und Tanz" zusammen. Definitiv keines dieser Pärchen, die permanent aufeinander kleben 😅 Aber dann auch die Paarung an sich ist evolutionär (vermutlich) einzigartig: Die Männchen plustern ihre Brusttaschen auf, die Weibchen spritzen die Eier mittels eines ausstülpbaren Eiablageapparates (Ovipositor) in diese Tasche, wobei sie die Samen des Männchens quasi mithinein "schaufeln" und sie sich so befruchten. I mean, wie umständlich und faszinierend zugleich ist das bitte?! Die Schwangerschaft und Geburt ist für Männchen dann ähnlich strapaziös und schmerzhaft wie bei uns Menschen, während die Zyklen der Partner aufeinander abgestimmt sind: Die Weibchen haben zumeist genau dann neue Eizellen produziert, wenn die Männchen gebären und begatten diese häufig schon wenige Stunden nach der Geburt. Gebärmaschine Männchen! Doch zurück zur Schwangerschaft, die diesen Namen tatsächlich verdient, denn die Brusttasche der Männchen verwächst quasi zu einer Gebärmutter samt Plazenta, die den Nachwuchs mit Nährstoffen versorgt. Nach einer Zeit platzen sogar die Eier auf, sodass die Väter lebend und wehenartig gebären; das Öffnen des Beutels und Rauspressen des Nachwuchses scheint ihnen ebenfalls Schmerzen zu bereiten.
Vielleicht habt ihr ja schonmal davon gehört, dass Seepferdchen für die AIDS-Forschung interessant sind - und das hat etwas mit der männlichen Schwangerschaft zu tun. Während bei uns weiblichen Säugetieren während der Schwangerschaft ein Teil des Immunsystems runtergefahren wird, um das Erkennen von Embryonen als Fremdkörper und das anschließende Abstoßen zu verhindern, sind genau diese Gene bei Seepferdchen deaktiviert. Eben jene Gene sind es aber auch, die bei Menschen mit HIV attackiert werden...
Seepferdchen sind außerdem nicht nur langsam; sie sind richtig langsam: Die Höchstgeschwindigkeit von Zwergseepferdchen beträgt gerade mal die Hälfte von Weinbergschnecken - gerade mal 54m die Stunde! Zugleich haben sie aber auch ein ausgesprochen ineffizientes Verdauungssystem, weshalb sie verhältnismäßig viel fressen müssen. Wenn man nun die Geschwindigkeit und "Größe" der Hauptnahrungsquelle (Ruderfußkrebse) von Seepferdchen ins Verhältnis zum Menschen setzt, bewegen die sich mit Überschallgeschwindigkeit 😲🤯 Wie schaffen diese lahmen Tierchen es also, solch verblüffend schnelle Beute zu erlegen? Seepferdchen vermögen es, einen starken Unterdruck in ihrer Mundhöhle durch Bewegung des Kopfes und Absenken des Zungenbeines zu erzeugen und mit etwa 90%iger Erfolgsquote so die Krebschen einzusaugen. Heftig oder? Als käme man bei den Bundesjugendspielen zuletzt ins Ziel oder bekäme dennoch eine Ehrenurkunde 😅 Als wär das nicht genug, kombinieren diese Tierchen eine der schnellsten Bewegungen im Wirbeltierbereich mit einer weiteren evolutionären Besonderheit: Ihre Schnauze ist so geformt, dass sie (bei einem bestimmten Winkel) keine Wasserwellen erzeugt. So können sie sich unbemerkt an die außergewöhnlich feinfühligen Krebschen anpirschen und dann - zack - wegsaugen. #LebensmottoTarnkappe Meistens warten sie aber einfach ab, bis Beute an ihnen vorbeischwimmt.
Auch die Augen von Seepferdchen sind speziell: Vermutlich können sie "heranzoomen". Das wär ja sooo praktisch, wenn wir das auch mit den Linsen statt nur mit den Fingern könnten 😄
Ich könnte noch so viel me(e)hr erzählen, zumal Till Hein auch Exkurse zu anderen Tierarten macht und auch zum Menschen Interessantes zu erzählen weiß - doch das müsst ihr selbst nachlesen 😉
Was hat euch am meisten verblüfft? Wisst ihr noch etwas beinzutragen? Gibt es ein Tier, für das ihr euch besonders interessiert?
Oh, liebe Ronja
AntwortenLöschenDu entdeckst immer so schöne, spannende, lehrreiche Schätze, die mir sonst nie begegnet wären.
Vielen lieben Dank für den Tipp
Livia
Das Lob kann ich nur zurückgeben, liebe Livia! Aber ja, ich habe Freude an Nischenbüchern (zumal mein Interessengebiet ja auch etwas speziell ist, haha) :D
LöschenLG Ronja
Hallo Ronja,
AntwortenLöschenwie schön, dass du dieses Buch bei mir entdeckt hast und nun auch lesen konntest.
Herzliche Grüße
Barbara
Ahoi Barabara,
Löschenfrohes Neues und danke nochmal für den Buchtipp ;)
LG Ronja