Im Auge des Leuchtturms || Antonia Michaelis || emons: Verlag || Krimi || 4/5 Anker
Ahoi! Dieses Buch war das zweite, das ich dieses Jahr gelesen habe - und normalerweise greife ich ja nicht zu Kriminalgeschichten; bei Leuchttürmen kann ich aber nicht widerstehen 😎 Und was soll ich das sagen?! Das Buch war atemberaubend fesselnd und phasenweise ungeahnt witzig; bei den Möbelszenen musste ich herzhaft lachen. Nur das Ende war mir zu offen bei so viel Spannung und Fragen zuvor...
Es tat gut, allein dort zu sein und den Wind im Gesicht zu spüren, er nahm die Müdigkeit von ihr und peitschte das Meer auf, ließ es tosen und rauschen. Und das Geräusch der Wellen wurde eins mit dem Geräusch in ihren Ohren, sodass sie nicht mehr sagen konnte, ob das Geräusch in ihren Ohren überhaupt noch da war. (S. 52)
Sie wünschte, sie hätte einen Stift gehabt, um auf der Rückseite der Anleitung für das Schärtenbang eine Liste der Möbel zu erstellen. Sie lebte ihr Leben in Listen, deren einzelne Punkte man abhaken konnte, Listen, die eine möglichst effektive Einteilung der vorhandenen Zeit erlaubten. Durch die Listen konnte sie gleichzeitig befehlen und gehorchen, sie war ihre eigene Herrin, indem sie die Listen schrieb, und ihre eigene Sklavin, indem sie sie abarbeitete, und wenn sie es nicht in der vorgesehenen Zeit schaffte, konnte sie sich selbst bestrafen, indem sie sich die Abarbeitung einer weiteren Liste befahl: eine Art autoerotisches Sadomasospiel allerdings ohne jeden erotischen Reiz. (S. 85)
Er reichte ihr wortlos ein Brot mit Hering, er hatte also doch nicht alles aufgegessen, und als sie hineinbiss, liefen die Kindertränen bereits. Und der Hering, ohnehin salzig, saugte das zusätzliche Salzwasser auf wie ein Taschentuch. Nada hatte nicht gewusst, dass Heringe sich zum Aufsaugen von Tränen eigneten. Sie stellte sich vor, wie sie in der Apotheke Heringe statt Taschentücher verkauften und wie ein Herr zu einer Dame sagte: Hier, darf ich Ihnen einen Hering reichen, um Ihre Tränen zu trocknen... Beinahe erlag sie der Versuchung, sich mit dem zweiten Hering die Nase zu putzen. (S. 209)
"In einem der Kartons waren Nägel. Und an der Wand stand so etwas wie ein Regal mit merkwürdigen Klappfächern, die nach beiden Seiten aufgingen. Das Holz reichte nicht ganz, ich habe noch ein paar kleinere Gegenstände verbaut..." Nada starrte ihn fassungslos an. "Sie haben ... die Ikea ... zerstört?" "Nun, ich habe sie umfunktioniert", meinte er. "Zu einer Leiter. Einer SPROSS-STEJGSE, wenn Ihnen das lieber ist". Sie legte die Hände an die Wangen, unfähig, zu glauben, was sie hörte. "Sie. Haben. Meine. Ikea. Möbel. Zerstört." Er zuckte hilflos mit den Schultern. [...] "Es war ein Schärtenbang, sagte Nada tonlos. Das mit den Klappen. Es war ein Schärtenbang." (S. 249)
Das Schrötera befand sich in einem der ganz großen Pakete und würde im Zusammenbau ungefähr so lange dauern wie fünf Moppen. Die Moppe war klein und handlich, sie bestand lediglich aus drei Schubladen und einem Kasten, wobei man den Kasten nur so aufstellen konnte, dass die Schubladen sich nach unten öffneten. Eine Moppe war so etwas, dachte Nada, wie ein Ikea-Atom, die kleinste zusammenbaubare Einheit, geeignet, anderes nach ihr zu bemessen. (S. 329)
Aber Märchen, dachte Nada, endeten stets grausam und nur zum Schein gut, Märchen waren voll von Rache und Folter und völlig leer von Die böse Stiefmutter musste auf glühenden Sohlen tanzen, die Hexe wurde verbrannt, dem Wolf der Bauch bei lebendigem Leibe aufgeschnitten und mit Steinen gefüllt. Es musste in Märchen eine Menge Schreie geben, lang anhaltende, verzweifelte, gequälte Schreie wie den im Wald. (S. 341)
Sprechen euch die Zitate an/machen sie euch neugierig auf das Buch? Faszinieren euch Leuchttürme auch so sehr?
0 Landgänge
Kommentar veröffentlichen
Lass´ mir doch einen Kommentar da! Ich würde mich über deinen Landgang sehr freuen :)