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Dienstag, 18. Oktober 2022

Von Leuchttürmen, Rassismus und der (un)genauen Zeit


Ahoi! Im letzten Jahr habe ich meine Faszination für Leuchttürme entdeckt - die Liebe ist seitdem ungebrochen. Und sowieso allgemein, das Interesse für und an Navigation, der Geschichte der Seefahrt und der größere historische Kontext. Heute möchte ich euch vier Bücher vorstellen, und was ich aus ihnen gelernt und mitgenommen habe.

Breitengrade zu bestimmen, war Seefahrenden schon lange möglich - wie weit nördlich oder südlich sie sich befanden, konnten sie mithilfe von Sextant oder früheren Geräten, Sternen und Sonne bestimmen. Doch der verflixte Längengrad bereitete Schwierigkeiten und führte zu Schiffsunglücken und navigatorischen Fehleinschätzungen. Erst Ende des 18. Jahrhunderts dann der Durchbruch bei der Bestimmung von Ost und West; auf der Internationalen Meridiankonferenz 1884 wurde der Nullmeridian dann offiziell durch Greenwich gelegt.

Wie abenteuerlich und faszinierend die Geschichte der Navigation ist, zeigen Dava Sobel und David Barrie in ihren Büchern zu Längengrad und Sextant - beide holen dabei weiter aus, beleuchten Epoche und Unglücke, Erfolge und Entdeckungen rund um ihr Hauptthema ohne dabei jedoch in drögen Sachbuch-Sprech zu verfallen. Bei Barrie hätte ich die persönlichen Logbucheinträge nicht gebraucht; die Erzählungen über James Cook, La Pérouse oder Joshua Slocum fand ich ansprechender und interessanter. Von Sobel sind gleich im Anschluss noch die Bücher zu Planeten, Galileos Tochter und den "Harvard Computers" eingezogen.

Einen kurzen Überblick zur Orientierung (auf See) findet sich auch in Große Entdecker - Atlas der Reisen und Abenteuer, einer kindgerechten und neugierweckenden Reise durch die Jahrhunderte. Einladend gestaltet führt das Buch von den ersten (Handels-)reisenden wie den Phöniziern oder Urpolynesiern, über Marco Polo und Zheng He, Cortez, Franklin und Amundsen oder auch Kapitän Cook schließlich sogar bis ins All. 


Doch bei all der Begeisterung und Faszination für wissenschaftlichen Fortschritt, Erfindungen, neue Erkenntnisse - die "universelle Zeit" trägt ein koloniales Erbe, die "Entdeckungsfahrten" sind mit imperialen Ansprüchen und rassistischen Strukturen verbunden. Die westlichen Mächte haben festgelegt, dass Greenwich das Maß aller Dinge ist; in Ländern wie China gilt nur die Hauptstadtzeit, obwohl sich das Land über fünf Zeitzonen erstreckt, auf dem indischen Subkontinent gibt es - auf Grund von Feindseligkeiten zwischen den Staaten - sogar halbstündige Zeitverschiebungen und die tea garden time auf den Teeplantagen Assams. Zeit ist politisch.

Diesen Zusammenhang zwischen Zeit, Navigation und Politik setzt Martin Gries in Das Konsortium oder die ungenaue Zeit faszinierend um. Leuchttürmen kommt in dieser Mischung aus Dystopie und Steampunk eine ganz besondere Rolle zu - die Idee, mithilfe von weltweit verbreiteten Leuchtfeuern zu navigieren, gab es übrigens tatsächlich; sie ließ und lässt sich nur nicht umsetzen. Eine ungewöhnliche Geschichte, sehr dicht und komplex, fundiert recherchiert und mitreißend - offenes Ende und queere Repräsentation inklusive. Gelerntes über Sextant, Längengrad und Zeitmessung nach und nach im Buch wiederzufinden, teils weitergedacht oder umgesponnen - das ließ mein Seefahrtsherz höher schlagen!

Wer das mit den Zeitzonen auf dem indischen Subkontinent genauer wissen möchte, kann das hier nachlesen und auch zur "universellen Zeit" als kolonialen Erfindung kann den Zeitungsartikel nur empfehlen. Ansonsten ihr Navigations- und Seefahrtsinteressierten; bleibt dran! Es kommen noch ein Artikel zu Magellan, da Gama & den Gewürzinseln sowie zu Wind, Wetter & Beaufort 😊⚓

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