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Montag, 3. Februar 2020

Praktikum im Amt ~ Was ich mitnehme

 Praktikumsbericht Berlin

Ahoi! Ich hatte ja versprochen, ein wenig von meinem Praktikum im Auswärtigen Amt zu erzählen, nachdem ich das immer nur kurz im Epilog erwähnt habe. Seit der 9. Klasse wollte ich Diplomatin werden - linearer Weg dahin: Politikbachelor & -master, Bewerbung beim Auswärtigen Amt, 1.5 Jahre Ausbildung, Lebensziel erreicht. Klang immer alles so verlockend machbar. Dann war ich ein halbes Jahr auf See, quasi nur mal eben kurz weg - und mein Leben hat sich komplett verändert. Im Kleinen, wie im Großen. Denn plötzlich fragte ich mich, ob ich das wirklich will. Diplomatie. Amt. So ein Sternenhimmel und Segelrauschen sind doch auch sehr schön?!

Mit diesem Zwiespalt startete ich also Mitte November ins Praktikum - und kann die Frage nach dem "Was will ich?" nun beantworten.

Doch der Reihe nach. Ich habe mich auf diverse interessant klingende Abteilungen und Referate beworben - Wirtschaft, Lateinamerika, Vereinte Nationen... und landete in einer unpolitischen Personalabteilung. Hurra. Naja, positiv sehen, immerhin habe ich eine Zusage bekommen!

Und die Leute waren auch wirklich nett, was aber nicht über die Rahmenbedingungen hinwegtäuschte (mal davon abgesehen, dass ein runtergerechneter Stundenlohn von deutlich unter 2€ einfach traurig ist!): Es gab kein wirkliches Konzept für uns Praktikant*innen. In manchen Abteilungen ist und war irre viel los, die Aufgaben fordernd und spannend... in anderen nicht. Schnell trat bei mir Ernüchterung, um nicht zu sagen Langeweile ein. Immer häufiger las ich zwischendurch was für die Uni oder auch mal im Buch. Wenn es dann etwas zu tun gab, waren es anspruchslose Aufgaben; auch ohne (Politik-)Studium meisterbar. Listen anlegen, umwandeln oder auf dem Laufenden halten. Was im Internet raussuchen... Für den unpolitischen Aufgabenbereich kann meine Abteilung nichts und durch die Vorbereitungen für die Karrieremesse Ende Januar kam dann auch etwas mehr Aktivität auf - gelernt habe ich dennoch nichts.

Lichtblick war stets das Hosp-Programm; von anderen Hospis (Referendar*innen und Praktikant*innen) organisierte Besuche in Botschaften, Medienanstalten, Ausstellungen und sonstigen politischen Schauplätzen. Und natürlich der phänomenale Blick von der Dachterrasse aus, sowie das Privileg, einen Einblick in Funktionsweise und Leben im Amt zu bekommen. Das überraschend klischeebestätigend ist: Unfassbar bürokratisch, langsam und unflexibel. Oder wie Staatsminister Roth zu uns sagte: Das Amt ist dringend sanierungsbedürftig, aber nicht das Gebäude sondern im Oberstübchen - vieles läuft noch wie zu Bismarcks Zeiten. Diesen Eindruck habe ich auch gewonnen; da ändern Bemühungen um Instagram und LinkedIn nicht viel.

 

Versteht mich nicht falsch, nicht alles war "schlecht" an meinem Praktikum, ich bin auch nicht mit negativen Gefühlen hingegangen, bin weiterhin dankbar für die Chance, Amtsalltag und besondere Ereignisse mitzuerleben - und die Erkenntnis, etwas nicht zu wollen ist definitiv auch wertvoll!

Denn ich weiß jetzt ganz sicher: Das ist nichts für mich! Dieser bürokratische Alltag, die Arbeitsform der 5-Tage-Woche (im Ernst, wie kann man so ein Leben außerhalb der Arbeit auf die Reihe kriegen?!), die Menschen zwischen egoistischem Ehrgeiz und apathischer Eintönigkeit... Sail away with me.

7 Landgänge

  1. Moin Ronja,

    danke für den Einblick. :D Ich hatte kurz vor dem Abi, auf der Suche nach dem "Wie weiter?", auch mal kurz überlegt, im Auswärtigen Amt anzufangen, aber die wollten mich "zum Glück" nicht wegen meiner langweiligen Sprachkenntnisse. XD
    In einer anderen Abteilung wäre aber vermutlich von den Aufgaben her interessanter gewesen, oder? Was aber auch nichts daran geändert hätte, dass so ein bürokratischer Job einfach zäh ist. XD
    Mit meiner 40h-Woche bin ich zwar auch unzufrieden, aber immerhin geht es in meinem aktuellen Büro super locker zu. :D

    Aber weißt du denn jetzt, was du machen willst? Gerade, wenn du deine bisherige Ausbildung/Studium so zielgerichtet ausgelegt hast, ist das ja vllt nicht so einfach, abzuweichen?

    Liebe Grüße
    Alica

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    1. Ahoi Alica,

      lustig, dass du auch übers AA nachgedacht hast ^^
      Und ja, eine andere Abteilung hätte mir mehr Freude bereitet, mich abe rziemlich sicher zum selben Fazit gebracht.

      JA! Kompletter Richtungswechsel: Bachelor noch beenden und dann Seefahrt ♥ Dafür gibt es viele Wege und im Frühjahr mache ich mich daran, meine Pläne umzusetzen; im Sommer weiß ich dann also, wie es weitergeht *-*

      Liebe Grüße
      Ronja

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    2. Ah, wie cool! :D Wenn du mal in Kiel anlandest, sag gerne Bescheid. ;)
      Ich bin zwar wirklich gerne in und am Meer, aber längere Zeit draußen auf dem Wasser macht mich total nervös. :D

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    3. Mach ich ;) Und so unterschiedlich sind die Menschen - ich war nach 6 Monaten Seezeit todunglücklich und wollte sofort zurück :D

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  2. Hallo Ronja,

    ich hab mal ein Praktikum beim BAMF gemacht, daher habe ich deinen Bericht sehr neugierig gelesen.

    Das ist natürlich richtig blöd, wenn man in einer Abteilung landet, die einen so gar nicht interessiert. Ich habe Soziologie studiert und da gehen auch seeeehr viele ins Personal oder beschäftigen sich mit Arbeitssoziologie. Ist gar nicht mein Thema. Ich hab das Praktikum in der Forschungsabteilung gemacht und fand es ganz cool.

    Die Bezahlung von Praktika ist echt immer so eine Sache... Ich bin gar nicht bezahlt worden. Was für so eine große Behörde schon traurig ist.

    Was die Aufgaben angeht, war es bei mir ähnlich. Die Aufgaben die ich bekommen habe, haben mir gefallen. Es gab aber nicht immer genug zu tun. Allerdings haben wir uns auch viel anschauen dürfen, mussten das aber selbst organisieren. Wir haben uns die Bibliothek des BAMF zeigen lassen, aus Versehen den Innenminister getroffen und was ich sehr toll fand: Das/Den (?) UNHCR besucht. Die haben im BAMF-Gebäude ein Büro.

    Ich arbeite seit Sommer Vollzeit in einem Bürojob und um deine rhetorische Frage nach einem Privatleben mit 5-Tage-Woche zu beantworten: Gar nicht. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich gern für mich bin. Ich mag meinen Job sehr, aber wenn man den ganzen Tag mit Menschen zu tun hat, obwohl man eigentlich nicht so gern unter Menschen ist, dann WILL man nach der Arbeit nur noch seine Ruhe. Nicht einkaufen, nicht zum Sport (ist eh keine Zeit für)... aber wenn man das alles ins Wochenende quetscht, wann erholt man sich dann? Ich wäre also definitiv bereit für eine 4-Tage-Woche :D

    Es ist natürlich Schade, dass du beim Praktikum nichts gelernt hast, aber wie du schon sagst, es ist sicher auch auf eine Art gut, dass du eben weißt, was du nicht willst.

    Liebe Grüße
    Julia

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    1. Ahoi Julia,

      vielen Dank für deinen lieben und ausführlichen Kommentar! ♥
      Deine BAMF-Zeit klingt auf jeden Fall auch nach einem Erlebnis - der Heiko ist mir während meines Praktikums auch begegnet und andere höherrangige Leute aus internationalen Organisationen :D

      Haha, na dann wünsche ich dir mal, dass die da oben auch auf den Trichter kommen und die viel effizientere 4-Tage-Woche einführen...

      Und ja, genau dieses "positive" Fazit ziehe ich für mich auch; ärgern bringt (jetzt) auch nichts mehr ^^

      Liebe Grüße
      Ronja

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  3. Diplomatie hat mich auch immer gereizt. Aber ich glaube, dazu habe ich zu viel eigene Meinung und will zu sehr Recht haben. Mich reizte einfach immer das Reisen. Schade, dass dein Praktikum nicht so spannend ist, wie du es dir erträumtest, aber hey, immerhin hast du es im Vorhinein herausgefunden ^^
    Ich bin gespannt, wo du noch so hinsegelst!

    Alles Liebe,
    Mila

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Lass´ mir doch einen Kommentar da! Ich würde mich über deinen Landgang sehr freuen :)